Das Leben ergreifen

Als die Popularität Jesu stieg, wollten unzählige Menschen ihn sehen oder anfassen. Sie erwarteten von ihm die Befriedigung physischer Bedürfnisse, aber er wollte ihnen viel mehr als das geben. 

Jesus hatte diesen Tag, wie so viele andere, mit einer Menschenmenge verbracht, die sich um ihn versammelt hatte, um seine ungewöhnlich kraftvollen Worte zu hören. 

Am Ende des Tages setzten er und seine Jünger sich ab, um ans andere Ufer des Sees Genezareth zu gelangen, um der Menge zu entkommen – und Jesus schlief auf dem kleinen Boot schnell ein.

Als ein plötzlicher Sturm aufkam, verfielen die Jünger in Panik, in Furcht unterzugehen. Sie weckten Jesus, der, verwundert über ihren Glaubensmangel, dem Wind und den Wellen Einhalt gebot.

Es war ein eindrucksvolles Wunder, mit dem er den Jüngern seine Macht über die Elemente demonstrierte. Trotz eines Tages voll von Belehrung über das Reich Gottes waren sie immer noch nicht ihres Meisters sicher genug, um ihm auch im Sturm auf dem Wasser zu vertrauen. Gewiss half ihnen dieses Wunder, ihren Glauben an ihn zu festigen.

Am anderen Ufer des stürmischen Sees erreichten sie Gerasa auf der östlichen Seite, ca. 14 km südlich von Kapernaum gelegen. In Gerasa lebten zwei Männer, die von einer Vielzahl von Dämonen besessen waren. Die Männer kamen aus ihren Höhlen, wo sie offenbar wohnten. Wie viele, die unter dem Einfluss von bösen Geistern stehen, war einer von ihnen stark genug, um schwere Ketten zu zerreißen, mit denen er gebunden war. Die Ankunft Jesu gefiel den beiden offensichtlich nicht. Er aber befahl den Dämonen, von ihnen auszufahren. Die bösen Geister baten darum, in eine Herde von 2000 Schweinen hineinfahren zu dürfen, die an einem nahen Hügel weideten. Als die Dämonen in die Schweine fuhren, stürzten sich diese über die Klippen in den See und ertranken.

Verständlicherweise waren die Hirten verärgert darüber und eilten umgehend in die Stadt, um zu berichten, was geschehen war. Die Einwohner der Stadt kamen und wollten selbst sehen, was geschehen war, und fanden Jesus mit einem der vorher Besessenen, der nun wieder bei Sinnen war (Matthäus 8, 29-34; Markus 5, 1-17; Lukas 8, 26-37).

Wegen des schmerzlichen Verlustes ihrer Schweine baten die Leute Jesus, von dort wegzuziehen. Als er in das Boot stieg, verweigerte Jesus dem nun gesunden Mann, sich ihnen anzuschließen. Jesus sagte ihm, er solle zu seiner Familie gehen und ihnen mitteilen, was geschehen war (Markus 5, 18-20; Lukas 8, 38-39).

Der Mann, von dem der böse Geist entwichen war, ging nach Hause und erzählte, was ihm geschehen war. Als Resultat drang sein Ruhm bis hin zur Zehn-Städte-Region Dekapolis, östlich des Jordans.

GLAUBEN GEFUNDEN UND ZURÜCKGEWIESEN 

Als Jesus wieder an die Westseite des Sees Genezareth zurückkehrte, erwartete ihn eine große Menschenmenge. Unter ihnen war der Vorsteher einer Synagoge mit Namen Jairus, vermutlich der Leiter der Gemeinde in Kapernaum. Seine Tochter war sehr krank und er bat Jesus um Hilfe.

Auf dem Weg zu diesem jungen Mädchen wurde das Gedränge so arg, dass es fast unmöglich war, sich fortzubewegen. Als Jesus plötzlich fragte, wer ihn berührt hätte, schien dies seinen Jüngern eine seltsame Frage, die wohl kaum zu beantworten wäre. Der Grund, warum Jesus gefragt hatte war jedoch, dass er gemerkt hatte, dass, wie er selbst sagte, eine Kraft von ihm ausgegangen war.

In diesem Moment trat eine Frau an ihn heran und gab zu, ihn angerührt zu haben, weil sie glaubte, so von einer 12-jährigen Krankheit geheilt zu werden. Tatsächlich war sie in dem Moment geheilt worden. Jesus sagte, dass ihr Glaube sie gerettet hatte (Markus 5, 21-34).

Dieser Vorfall auf dem Wege zu Jairus' Tochter war ein sicheres Zeichen für den Vorsteher der Synagoge. Die lärmende Menschenmenge vor Jairus' Haus war jedoch in einer anderen Stimmung. Sie lachten laut, als Jesus erwähnte, das inzwischen verstorbene Mädchen würde nur schlafen. Das hohnvolle Gelächter wich allerdings gewaltigem Erstaunen, als Jesus einfach sagte: „Mädchen, ich sage dir, steh auf!“ und sie tatsächlich aufstand. Im Gegensatz zu dem Mann, der von Dämonen besessen gewesen war, ermahnte Jesus das Mädchen und ihre Eltern, nichts über das Wunder zu sagen – jetzt, da er zurück in Galiläa war (Vers 35-43).

Nachdem Jesus Jairus und seiner Tochter geholfen hatte, heilte er als Nächstes zwei blinde Männer, die zu ihm kamen. Auch sie beschwor er, das Wunder ihres zurückerhaltenen Augenlichts nicht publik zu machen, aber ihre Überschwenglichkeit überkam sie und sie verbreiteten es in der ganzen Region.

Zur selben Zeit heilte Jesus auch einen von Dämonen besessenen Mann, der nicht sprechen konnte. Die Menschen verwunderten sich. „So etwas ist noch nie in Israel gesehen worden“, sagten sie (Matthäus 9, 32-33). Die Pharisäer jedoch bezichtigten Jesus der Zauberei.

Kurz nach diesem Ereignis kehrte Jesus zu einem abschließenden Besuch in seine Heimatstadt Nazareth zurück. Von den Mitbürgern dort war er schon zu Beginn seines Wirkens zurückgewiesen worden. Nun lehrte er noch einmal in derselben Synagoge. Es war ihm jedoch im Gegensatz zu den jüngsten Ereignissen hier nicht möglich, Wunder zu tun, da seine früheren Nachbarn und Bekannten keinen Glauben an den ihnen so vertrauten Sohn Josefs hatten. „Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria? Und seine Brüder Jakobus und Josef und Simon und Judas? ... Woher kommt ihm denn das alles? Und sie ärgerten sich an ihm ...“ (Matthäus 13, 55-57).

Haben die Wunder irgendjemanden dazu gebracht, Jesu Lehren anzunehmen?

EINE SPEZIELLE BERUFUNG 

Wie man sieht, erzeugte Jesu Wirken zwei Arten von Reaktionen: entweder totale Ablehnung oder Erstaunen. Haben die Wunder irgendjemanden dazu gebracht, Jesu Lehren anzunehmen? Die Berichte in den Evangelien sagen nichts direkt darüber. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Jüngerschaft eine Berufung war, nicht eine Entscheidung basierend auf erlebten Wundern. Wunder mögen wohl ein Nebeneffekt gewesen sein, gläubig zu werden, aber sie waren nicht die Ursache der Jüngerschaft. Sogar Jesu eigene Familie hatte Schwierigkeiten damit, seine außergewöhnlichen Kräfte und seine Autorität anzuerkennen. Seine zwölf Jünger hingegen zeigten eine ungewöhnliche Bereitschaft, alles aufzugeben und ihrem Meister zu folgen. Erst später sollten sie verstehen, dass dies eine spezielle Berufung gewesen war, die nur durch die Einwirkung des heiligen Geistes zustande gekommen war – des Geistes, der ein Geschenk ist, das Gott jenen gibt, die ihren Sinn ändern und seinem Weg folgen. Die Überzeugung der Jünger war es, das sie befähigte, Jesus wirkungsvoll zu dienen.

Jesus erkannte nun, dass sein Werk expandiert werden konnte; er rief die Zwölf zusammen und ordnete an, dass sie zu Zweien ausziehen und so wie er predigen und heilen sollten. Er warnte sie aber vor der Opposition, die sich ihnen entgegenstellen würde, sofort und auch langfristig. „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben“ (Matthäus 10, 16).

Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.“  

Matthäus 10, 16

Den Jüngern wurde viel abverlangt. Die Zwölf sollten lehren, wie Jesus es getan hatte, und würden beides erfahren: enthusiastische Unterstützung und erbitterte Opposition. Jesus sagte über sein eigenes Wirken, indem er den Propheten Micha zitierte: „Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein“ (Vers 34-36).

Das sind in der Tat starke Worte, die wir normalerweise nicht aus dem Munde des Lehrers aus Nazareth erwarten. Was genau meinte er damit?

Wie Jesus im Detail erklärte, geht es um ein tiefgreifendes, umfassendes Engagement. Er sagte: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden“ (Vers 37-39). Es war dies eine schwierige, aber faire Alternative.

RACHE EINER KÖNIGIN 

Während die zwölf Jünger sich auf ihre Reise durch Galiläa begaben, fuhr auch Jesus fort mit Reisen und Lehren. Es ist nicht verwunderlich, dass diese ausgedehnten öffentlichen Aktivitäten die Aufmerksamkeit des Königs Herodes Antipas erregten.

Die Evangelien schildern uns nun, wie Herodes gezwungen wurde, die Differenzen mit Johannes dem Täufer zu lösen. Die Geschichte ist ihnen vielleicht bekannt, aber einige Details liefern einen interessanten Einblick in den Lebensstil dieses korrupten Königs und zeigen auch, was es in Realität bedeutete, in seinem Machtbereich ein öffentlich anerkanntes Werk zu tun.

Nach Josephus, dem jüdischen Historiker des ersten Jahrhunderts, war es auf Macherus, der Felsenfestung Herodes' im heutigen Jordanien, wo Johannes der Täufer gefangen gehalten wurde. Die Szene, die wir nun betrachten wollen, spielt sich jedoch in Tiberias ab, am See Genezareth. Dort hatte Herodes Antipas seinen neuen Palast gebaut.

Lassen Sie uns die Geschichte etwas rekapitulieren. Herodes hatte mit seines Bruders Frau ein ehebrecherisches Verhältnis angefangen. Johannes hatte dies und andere korrupte Praktiken öffentlich kritisiert. Herodes wollte Johannes nicht töten, weil er von seiner Botschaft fasziniert war. Er liebte es, ihm zuzuhören.

Herodias, die Frau des Bruders des Herodes, hatte eine Tochter, die der König mit Vorliebe tanzen sah. Laut Josephus hieß sie Salome – die Bibel erwähnt dies allerdings nicht. Ihr Tanzen war offensichtlich von großem erotischen Reiz für Herodes. Auf seiner Geburtstagsfeier, zu der verschiedene hohe Beamte, Militärkommandanten und galiläische Führungspersönlichkeiten eingeladen waren, versprach er dem Mädchen alles, was sie verlangte, bis hin zur Hälfte des Königreiches, wenn sie für die Gesellschaft tanzen würde. Sie tanzte – und Herodes fragte, was sie nun dafür haben wollte. Die Mutter des Mädchens wurde zu Rate gezogen. Deren Zorn über die moralische Verdammung durch Johannes den Täufer bewegte sie dazu, dessen Kopf auf einem Tablett zu fordern.

So wurde Johannes enthauptet, Opfer der Laune einer bösartigen Königin und der Schwäche eines wankelmütigen Königs.

Der Wunsch wurde Herodes vorgetragen, der keine Blamage vor seinen Gästen riskieren wollte und einwilligte. So wurde Johannes enthauptet, Opfer der Laune einer bösartigen Königin und der Schwäche eines wankelmütigen Königs. Johannes' Kopf wurde, wie gefordert, auf einem Tablett serviert (Markus 6, 17-28).

Seine Jünger kamen kurz darauf und entfernten seine Leiche, um sie zu beerdigen – eine Indikation, dass der Mord vermutlich in Tiberias stattgefunden hatte.

Unmittelbar nachdem er Johannes getötet hatte, erfuhr Herodes von dem wachsenden Werk Jesu und seiner Popularität. Die Evangelien berichten über die Vorstellung des Herodes, Jesus sei vielleicht der auferstandene Johannes. Er hörte auch von Meinungen, dass Johannes der wiedererweckte Elia oder einer der anderen Propheten gewesen sei (Vers 14-16). Von seiner Neugier gedrängt, wollte er nun unbedingt Jesus treffen. Von diesem Zeitpunkt an wurde der Kontakt Jesu mit der Öffentlichkeit immer weniger.

WENIGER IST MEHR 

Es war ihm wichtig, seine Sicherheit noch eine Weile zu erhalten; so setzte er mit seinen Jüngern mit einem Boot nach Betsaida-Julias über, einer kleinen Stadt am nördlichen Ende des Sees. Heute findet man an diesem Ort ein wunderschönes Naturreservat, beschattet von Eukalyptusbäumen und durchzogen von mehreren Wasserläufen, alle Teil des Jordans auf seinem Weg in den See Genezareth.

In diesem Gebiet suchten die Zwölf und ihr Meister etwas Ruhe. Es sollte nicht so sein.

Als sie das Boot verließen, hatte sich schon eine Menschenmenge angesammelt, die ihnen vorausgeeilt war. Jesus fühlte großes Mitleid mit diesen Schafen ohne Hirten, lehrte sie über das Reich Gottes und heilte alle, die Hilfe brauchten. Es war typisch für Jesus, dass er seine eigenen Bedürfnisse zurückstellt, um anderen zu dienen.

Der Tag verging und gegen Abend war die Menschenmenge auf ungefähr 5000 Männer, ohne Frauen und Kinder gerechnet, angewachsen – und alle waren hungrig. Die Jünger schlugen Jesus vor, die Leute fortzuschicken, damit sie sich in den umliegenden Dörfern etwas zu essen kaufen konnten. Jesu Antwort war eine Art Test. Er sagte zu Philippus: „... Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?“ Das Johannesevangelium fährt fort: „Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wußte wohl, was er tun wollte“ (Johannes 6, 5-6). Philippus wandte ein, dass es mehr als acht Monatslöhne erfordern würde, um genug Brot zu kaufen, damit jeder mindestens einen Bissen bekommen würde.

Was Jesus im Sinn hatte, ist eines der bekanntesten Wunder geworden – die Speisung von bis zu 15 000 Menschen mit nur einem kleinen Gerstenbrot und zwei kleinen Fischen, die von einem Jungen aus der Menge zur Verfügung gestellt worden waren. Jesus schaute zum Himmel und dankte für die kleine Nahrungsmenge. Er verteilte dann so viel jeder wollte. Am Ende der Mahlzeit sammelten die Jünger zwölf Körbe von Resten ein (Markus 6, 35-44).

Vielleicht war dieses Wunder ebenso sehr für seine Jünger wie für die Menschenmenge gedacht. Die Jünger sollten ja unerschütterliche Zuversicht in ihren Meister erlangen. Obwohl sie in naher Zukunft trotzdem in eine Glaubenskrise gestürzt würden, waren es solche Erfahrungen, die als Basis für ihre spätere Arbeit als Apostel dienten.

EINE WEITERE LEKTION IN GLAUBEN 

Nachdem die Menschen mit Nahrung versorgt worden waren, sandte Jesus die Jünger mit dem Boot in ein anderes Dorf mit Namen Betsaida, am westlichen Ufer, nahe Kapernaum. Er entließ dann die Menschenmenge, die kurz davor stand, ihn gewaltsam zum König oder politischen Messias zu machen, und ging alleine auf den Berg, um zu beten.

Einige Stunden später – ein Sturm tobte auf dem See – näherte sich Jesus dem Boot seiner Jünger auf wundersame Weise. Sie hatten schon einige Zeit gegen den Sturm angekämpft – nicht zu vergessen waren ja einige von ihnen Fischer, die den See Genezareth gut kannten –, so ruderten sie mit aller Gewalt und stemmten sich gegen das Ruder. Mitten in der Nacht sahen sie plötzlich eine Gestalt, die über das Wasser auf sie zukam. Voller Angst riefen sie: „Dies ist ein Gespenst!“

Jesus, der über das Wasser ging, beruhigte sie mit den Worten: „Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!“

Petrus, in seinem Übereifer, wollte aus dem Boot steigen und Jesus entgegengehen. Als Jesus ihm sagte: „Komm“, tat er dies sogleich. Nach einigen mutigen Schritten begann Petrus jedoch angesichts des Sturmes zu sinken. Jesus ergriff seine Hand und rettete ihn, indem er ihn sicher in das Boot brachte (Matthäus 14, 22-31). Auch diesmal legte sich der Sturm, wie es schon einmal passiert war, als die Jünger auf dem See in Panik gerieten. All dies waren weitere erstaunliche Beweise dafür, warum die Jünger Vertrauen in ihren Meister setzen sollten. Der Evangelienbericht des Markus zeigt auf, dass die Jünger entsetzt waren vor Erstaunen – sie hatten immer noch nicht erfasst, was für ein Wunder es war, die große Menschenmenge zu sättigen (Markus 6, 52).

Bald waren sie wieder an Land nahe Kapernaum. Die Leute erkannten Jesus und verbreiteten sofort die Nachricht, dass der Mann, der die Kranken heilen konnte, zurück war. Den Zipfel seines Gewandes anzurühren war schon genug, um geheilt zu werden.

DAS BROT DES LEBENS 

Am nächsten Tag – die Speisung der Tausenden war immer noch frisch in ihrem Sinn – nahm Jesus die Gelegenheit, zu erklären, wie wichtig es sei, Brot zu finden, das wirklich sättigt.

Er sagte der versammelten Menschenmenge: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid“ (Johannes 6, 26). Es hatte eigentlich nichts mit den geistlichen Aspekten von Jesu Wirken zu tun, warum sie ihm nachfolgten, sondern nur mit so profanen Dingen wie ein voller Magen. 

Er versuchte, ihnen nahezubringen, dass sie nach Nahrung suchen sollten, die sie geistlich ernähren und zum ewigen Leben führen würde. Die Leute wollten natürlich sogleich wissen, was dies war, das sie in Gottes Gunst bringen würde. Jesus antwortete, dass sie dem glauben sollten, den Gott gesandt hatte.

Teil des Problems ist, dass wir Menschen so oft nicht glauben, was Gott sagt und tut. Wir vertrauen eher den Menschen als dem, was Gott tut. Gott sagt jedoch an einer Stelle der Bibel: „... Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verläßt und hält Fleisch für seinen Arm und weicht mit seinem Herzen vom Herrn“ (Jeremia 17, 5).

Jesu Zuhörer verlangten ein Wunder, damit sie an ihn glauben könnten – eine erstaunliche Forderung angesichts der Tatsache, dass offenbar viele von ihnen am Vortag dabei gewesen waren, als er die große Menschenmenge gesättigt hatte. Sie meinten, dass Mose ihren Vorfahren Brot, oder Manna, vom Himmel gegeben hatte; die Implikation war, dass er nun dasselbe tun sollte.

Jesus klärte sie auf, dass nicht Moses, sondern Gott selbst es gewesen war, der das wahre Brot vom Himmel gegeben hatte. Das Brot, das er gerade dabei war, ihnen zu offenbaren (Johannes 6, 30-33).

Wie die Samariterin am Brunnen, die das Wasser des Lebens bekommen wollte (Johannes 4, 15), wollten diese Leute nun das Brot des Lebens. Sie antworteten: „Gib uns von nun an von diesem Brot.“

Bei dieser Gelegenheit offenbarte er ihnen, dass ER „das Brot des Lebens“ war (Johannes 6, 48). Die Folgerungen aus dieser Aussage sind tiefgreifend. Vielleicht war es deshalb, dass nach Beendigung dieser Diskussion viele seiner Nachfolger meinten: „Das ist eine harte Rede. Wer kann sie ertragen?“

JOSEFS SOHN ODER SOHN GOTTES? 

Was war der Punkt, den Jesus ansprechen wollte? Ganz einfach der: Ohne dass wir seinen Lebensweg zu einem integrierten Teil unseres Lebens machen, werden wir niemals sein wie der Vater oder der Sohn. Unsere ultimative Bestimmung als menschliche Wesen ist es, in einer Auferstehung Kinder Gottes zu werden, die in Ewigkeit in einer erneuerten Welt leben sollen. Das bedeutet, dass wir die Natur und den moralischen Charakter der Familie Gottes annehmen müssen. Der einzige Weg, wie dies geschehen kann, ist, wie Jesus in seiner Analogie sagte: Wir müssen teilhaftig werden der Natur Gottes.

Es ist eine Handlung seitens des Vaters, die eine Person dazu bringt, Jesus Christus bereitwillig nachzufolgen.

Jesus machte klar, dass nur wenige heute berufen werden. Er machte sehr deutlich, dass niemand zu ihm kommen kann, wenn nicht der Vater diese Person tatsächlich ruft (Vers 44). Es ist eine Handlung seitens des Vaters, der eine Person dazu bringt, Jesus Christus bereitwillig nachzufolgen. Dieses Eingreifen durch den Vater ist etwas, das allgemein nicht verstanden wird.

Einige der Zuhörer Jesu begannen zu murren, weil er sagte, dass er vom Himmel gekommen wäre als das Brot des Lebens. Sie konnten in ihm nur den Sohn Josefs sehen. Er war der junge Mann, dessen Eltern sie kannten. Ihre Bekanntschaft mit ihm führte zu Unglauben.

Jesus wiederholte ganz einfach die Anschauung, dass diejenigen, die Gott ruft, es verstehen würden – andere würden es nicht verstehen. Er bezeichnete sich als das Brot des Lebens. Indem er dies mit dem bevorstehenden Opfertod verband, sagte er: „... dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt“ (Vers 51). Er erklärte, dass wir an ihm teilhaben müssten. Christus muss Teil eines jeden wahren Christen werden, und die daraus resultierende Umformung der menschlichen Natur wird zum ewigen Leben führen.

Dies waren schwierige und tiefgreifende Lehren; und viele Jünger verließen Jesus von diesem Tage an. Die Zwölf aber nicht (Vers 66-69). Sie waren zu dem Glauben gelangt, dass er, wie Petrus es ausdrückte, „der Heilige Gottes“ sei.