Der Erbe der Welt

In unserer Erkundung des Buches Genesis (1. Mose) führt uns die Lebensgeschichte Abrahams nun zu Kapitel 15 und seiner vierten Gottesbegegnung. Schon zuvor hatte Gott ihm gesagt, er werde ein großes Volk aus ihm machen, und ihm und seinen Nachkommen das Land Kanaan versprochen (12, 1-7; 13, 14-17).

Bei dieser vierten Begegnung wurde die Verheißung eines Erben und einer Nachkommenschaft erneut bestätigt. Nach der Schlacht gegen die vier plündernden Könige machte Gott Abram Mut: Er solle sich nicht fürchten, denn Gott selbst sei sein Schild, sein Schutz. Hier sprach Abram Gott zum ersten Mal als Adonai Jahwe an („HERR, mein Gott“, 15, 2) und erinnerte daran, dass er mehrere Jahre nach der ersten Verheißung noch immer kinderlos war. Bei diesem Stand der Dinge könne nur Eliëser von Damaskus sein Erbe sein – ein Diener, der in seinem Haus geboren war. Gott gab Abram zur Antwort, er werde in der Tat einen eigenen Nachkommen als natürlichen Erben haben, und seine Nachkommen würden so zahlreich sein wie die Sterne (Vers 5). An anderer Stelle veranschaulichte Gott diese große Zahl mit den Bildern „Staub“ (13, 16) und „Sand“ (22, 17).

Und er ließ (Abraham) hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!“

1. Mose 15,5

Abrams Reaktion war das, was ihn zu etwas Besonderem machte, einem „Freund Gottes“ (Jakobus 2, 23): „Abram glaubte dem HERRN und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit“ (1. Mose 15, 6). Weil er von seiner Berufung an glaubte, was Gott ihm sagte, und bereit war, ihm zu gehorchen, wurde er als Gerechter angesehen. Diese Gnadengabe Gottes, als Gerechter zu gelten, erhielt er nicht, weil er zuvor Gutes getan hatte, sondern weil er an Gott den Herrn glaubte und auf ihn vertraute. Danach führte Abram ein gerechtes (gesetzestreues) Leben. Später in der Genesis lesen wir, dass „Abraham meiner Stimme gehorsam gewesen ist und gehalten hat meine Rechte, meine Gebote, meine Weisungen und mein Gesetz“ (26, 5). Diese verschiedenen Merkmale machen ihn zu einer Schlüsselfigur des Alten Testaments und haben ihm den Beinamen „Vater der Gläubigen“ eingebracht.

Nun besiegelten Gott und Abram ihren Bund und die Verheißung von Nachkommen und Land mit Blut. Dies geschah in Form eines Opferrituals, das Abram schlafend in einer Vision erlebte (15, 7-21). Die Besiegelung mit Blut war im Altertum ein Zeichen für die Feierlichkeit eines Paktes; jede Seite verbürgte sich effektiv mit ihrem Leben – dem Vergießen des eigenen Blutes –, ihn nicht zu brechen. Doch hier war es Gott allein (in der Erscheinung von Feuer und Rauch), der zwischen den zerteilten Opfertieren umherging und damit die Bedingungslosigkeit seines Bundes mit Abram bezeugte.

Im Verlauf dieser langen Gottesbegegnung erfuhr Abram, dass seine Nachkommen ein Volk werden würden, das versklavt in einem fremden Land leben und dann in das Gelobte Land ziehen würde. Dies bezieht sich natürlich auf die rund 400 Jahre dauernde Gefangenschaft der Kinder Israel in Ägypten und ihre Freilassung unter Mose. Als sie dann an den Grenzen Kanaans ankamen, waren sie sehr zahlreich; tatsächlich verwendete Mose den gleichen Ausdruck wie Gott in seiner Verheißung an Abram: „Deine Väter zogen hinab nach Ägypten mit siebzig Seelen; aber nun hat dich der HERR, dein Gott, zahlreich gemacht wie die Sterne am Himmel“ (5. Mose 10, 22).

WARTEN AUF DEN ERBEN 

Über das Ausbleiben eines Erben war Abrams Frau Sarai sicher ebenso enttäuscht wie er. Seit der Verheißung waren mindestens zehn Jahre ins Land gegangen. Daraufhin bot sie ihrem Mann ihre ägyptische Dienerin Hagar an, um durch sie Kinder haben zu können (1. Mose 16, 2). Das war damals eine anerkannte Praxis und ist in verschiedenen außerbiblischen Quellen dokumentiert. Der Vorschlag zeugte von einem Mangel an Glauben bei Sarai und Abram, verstieß aber nicht gegen die geltende Moral.

Seine Umsetzung hatte dennoch Probleme zur Folge. Als Hagar von Abram schwanger wurde, begann sie ihre Herrin zu verachten; ihr gelang, was ihrer Herrin nicht gelang. Sarai beklagte sich bei Abram, und dieser erlaubte seiner Frau, mit ihrer Dienerin zu verfahren, wie sie wollte. Vor Sarais Härte floh die schwangere Hagar in die Wüste, möglicherweise in Richtung Ägypten; dort in der Wüste fand sie ein „Engel des HERRN“. Dieses Wesen (in Wirklichkeit Gott selbst in einer sichtbaren Form) sagte Hagar, sie solle zurückgehen und sich Sarai unterordnen; ihr Kind werde der Stammvater unzähliger Nachkommen werden – eine Verheißung, die der an Abram nicht unähnlich war (Vers 10). Der Name ihres Sohnes sollte Ismael lauten: „Gott hört“. Ismael sollte ein Nomade werden, feindselig und äußerst aggressiv (Vers 12), aber durch seinen Vater reiche materielle Segnungen von Gott erhalten (Kapitel 17, 20). Er ist der Stammvater einiger arabischer Völker.

Gott begegnete Abram ein fünftes Mal, nun aber als El Schaddai (17, 1). Dies wird zumeist als „der allmächtige Gott“ übersetzt, doch der Begriff ist umstritten. Die zugrunde liegende Sprache könnte Akkadisch sein (schaddu – „Brust“) oder Hebräisch (schadad – „stark sein“ oder „mächtig sein“) und bezeichnet den Gott, der stark macht oder stark ist. Vor ihm sollte Abram wandeln und fromm sein. Dieses Mal bekräftigte Gott die Verheißung, dass Abram viele Nachkommen und viel Land haben, sogar „ein Vater vieler Völker“ sein werde, „und auch Könige sollen von dir kommen“ (Vers 4 und 6). Um diese Erweiterung auszudrücken, sollte er von nun an „Abraham“ heißen, „Vater vieler Völker“ (Vers 5). Wie wir wissen, hatte Abraham bereits einen Sohn, Ismael, der ebenfalls der Stammvater von Völkern und Königen werden sollte. Als Zeichen dieses ewigen Bundes (Vers 7) sollten Abraham, seine Diener und „alles, was männlich ist unter euch“ beschnitten werden (Vers 10-14). Dies betraf auch Ismael (Vers 23). Die körperliche Veränderung sollte sie jeden Tag an den Bund erinnern.

Glaube ist nicht einfach. Er erfordert eine Beharrlichkeit, die dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Er erfordert, an ein Geschenk von Gott zu glauben, für das es gegenwärtig keinerlei Nachweis gibt.“

Walter Brueggemann, Interpretation: A Bible Commentary for Teaching and Preaching, „Genesis“

Der Apostel Paulus kommentierte die spezifische Verheißung dieses Kapitels (Vers 4-6) später mit dem Ausdruck, Abraham sei „der Erbe der Welt“ geworden (Römer 4, 13), und zwar im geistlichen Sinn, d. h., er wurde der Vater aller Gläubigen, Juden und Nichtjuden (Vers 16-18), die ihrerseits unter Christus die Welt der Zukunft erben werden (1. Korinther 3, 21b-23).

Auch Abrahams Frau Sarai (Hebräisch für „meine Prinzessin“) bekam einen neuen Namen. Gott sagte ihrem Mann, er solle sie von nun an „Sara“ nennen („die Prinzessin“) und auch von ihr würden Völker und Könige kommen (1. Mose 17, 15-16). Als Erben konnte sich Abraham an diesem Punkt nur seinen 14-jährigen unehelichen Sohn Ismael vorstellen (Vers 18). Als Gott erklärte, innerhalb eines Jahres werde auch Sara ihm einen Sohn schenken und dieses Kind werde der Erbe sein, durch den Gott seinen Bund weiterführen werde, lachte Abraham ungläubig – wie sollte ein Mann von 100 Jahren mit einer Frau von 90 Jahren einen Sohn bekommen (Vers 17)? Auch Sara lachte (18, 12-15), und ihr Sohn bekam dann den Namen Isaak (Hebräisch Yitzhak: „Lachen“ oder „er lacht“).

Gott sagte, dass Sara ein Jahr später ihren Sohn zur Welt bringen werde. Bis zur Empfängnis sollten drei Monate vergehen. Während dieser Zeit heilte die Wunde von Abrahams Beschneidung, und in diese Zeit fielen auch die Ereignisse in Sodom und Gomorra und mit Abimelech, dem König von Gerar (Kapitel 18-20).

SODOM UND GOMORRA 

Während der drei Monate zeigte Gott sich Abraham zum sechsten Mal. In der Hitze des Tages saß Abraham am Eingang seines Zeltes, da traten drei Männer heran, und er bot ihnen zu essen und zu trinken an. Einen von ihnen sprach er mit dem Titel „Adonai“ an, denn er erkannte, dass es Gott selbst war. Er kam, um Abraham zwei Ereignisse anzukündigen: die Schwangerschaft seiner Frau Sara und die Prüfung zweier Städte im Jordantal; in einer von ihnen hatte sich sein Neffe Lot niedergelassen. Wieder begegnen wir im Buch Genesis dem Problem des Bösen, diesmal spezifisch in Sodom und Gomorra. Abraham und Lot sollten Zeugen ihres Untergangs werden.

Diese beiden Städte waren zum Inbegriff von Sünde und sexueller Perversion geworden, doch auch die beiden anderen Städte Adma und Zebojim wurden vernichtet (s. 5. Mose 29, 22). 1. Mose 19 lässt einen Teil des Problems in Sodom erkennen: Die Einwohner hatten Appetit auf homosexuelle Vergewaltigungen (Vers 4-9).

Gott hatte beschlossen, Abraham zu sagen, was er vorhatte; so hatte Abraham Gelegenheit, sich bei Gott für die potenziellen Unschuldigen in diesen Städten einzusetzen; sicherlich war er auch um seinen Neffen besorgt. Der weitere Lauf der Ereignisse lässt wenig Raum für Zweifel daran, dass nicht einmal zehn Einwohner der Städte gerecht waren (1. Mose 18, 22-33). Einigen Quellen zufolge bestand Lots Familie aus zehn Personen (ihm und seiner Frau, zwei Söhnen, zwei Töchtern mit Ehemännern und zwei unverheirateten Töchtern – 1. Mose 19, 12, 14, 8), doch möglicherweise war in seiner Familie nur Lot selbst gerecht (2. Petrus 2, 7).

Religion zum Wohlfühlen will zumeist einen Gott haben, der gibt – nicht einen Gott, der prüft.“

Walter Brueggemann, Interpretation: A Bible Commentary for Teaching and Preaching, „Genesis“

Lots Schwiegersöhne hörten nicht auf seine dringenden Bitten, die Stadt zu verlassen (1. Mose 19, 14); sie müssen dort mit ihren Frauen umgekommen sein. Und auf Lots Flucht aus dem untergehenden Sodom, zu der Gott ihn zwingen musste, kam auch seine Frau um. Gott hatte sie angewiesen, nicht zurückzuschauen (symbolisch für den Wunsch, im materiellen Wohlstand der Stadt zu leben, s. Lukas 17, 32-33), doch sie gehorchte nicht und starb, zu Salz erstarrt. So kamen nur Lot und seine beiden unverheirateten Töchter davon (Vers 16-17, 26).

Von seinem Aussichtspunkt auf einem Berg am Toten Meer sah Abraham den Rauch der Vernichtung aufgehen wie „Rauch von einem Ofen“ (Vers 28). Da wusste er, dass es in den Städten nicht einmal zehn Gerechte gegeben hatte. Doch wegen Abraham hatte Gott Lot am Leben gelassen (Vers 29).

Lot bat Gott zunächst um Zuflucht in dem Dorf Zoar, doch von dort floh er weiter in die Berge östlich des Toten Meeres und blieb in einer Höhle, denn er fürchtete weitere Zerstörungen. Dort sprachen sich seine beiden Töchter ab – nun arm und ohne Hoffnung, eine Familie zu gründen –, machten ihn betrunken und jeder von ihnen gelang es, von ihm schwanger zu werden (Vers 30-38). Das Leben in Sodom hatte sie so beeinflusst, dass sie Inzest als Lösung für ihre Probleme sahen.

Die Söhne, die sie bekamen, nannten sie Moab (Hebräisch „vom Vater“) und Ben-Ammi (Hebräisch „Sohn meines Verwandten“). Die Bibel zeigt, dass aus dieser unguten Verbindung die Moabiter und die Ammoniter (Völker in Zentral- und Nordjordanien) hervorgingen, die später Abrahams Nachkommen aus Isaaks Linie, den „Kindern Israel“, das Leben schwer machten. Nachdem Lot es vorgezogen hatte, in der Ebene des Jordantals zu leben, erst bei und dann in Sodom, war er vom Wohlstand als Abrahams Hausgenosse auf dem Hochland zur Mittellosigkeit abgesunken. Hier verliert sich Lots Spur; er wird nicht wieder erwähnt.

VERTRAUEN LERNEN 

Nach der Vernichtung der Städte in der Ebene zog Abraham nach Süden bis Gerar. Der dortige König, der den Titel Abimelech (Königsvater) trug, nahm Sara zur Frau. Getäuscht durch Abrahams Aussage, Sara sei seine Schwester (die schon für Probleme mit dem ägyptischen Pharao gesorgt hatte, s. Kapitel 12), erfuhr der König von Gott im Traum, dass er so gut wie tot war, weil er sich die Frau eines anderen genommen hatte. Der König beteuerte, dass es nicht seine Schuld war; sowohl Abraham als auch Sara hatten doch bestätigt, dass sie Bruder und Schwester seien! Gott befahl dem König, Abraham zu rufen und ihm seine Frau zurückzugeben. Dies zeigt, dass Gott bedingungslos zu Abraham hielt, obgleich dessen Verhalten falsch war. Gott stellte sicher, dass Sara seinen Sohn zur Welt bringen würde – und dies war nur noch einige Monate entfernt.

Abimelech ließ Abraham rufen und erfuhr, dass Sara tatsächlich dessen Schwester war, allerdings eine andere Mutter hatte, und dass der Grund für Abrahams Verhalten die Furcht gewesen war, man würde ihn töten, um seine Frau zu bekommen. Der König gab ihm Sara zurück, dazu Vieh, Diener und die Erlaubnis, in seinem Land zu wohnen (20, 9-15). Daraufhin wurde Abimelechs gesamter Haushalt von der Kinderlosigkeit befreit, mit der er wegen Sara gestraft worden war. Das gleiche Problem löste Gott nun bei Sara selbst.

Gott hielt sein Versprechen und suchte Abrahams Frau heim, sodass sie innerhalb eines Jahres Isaak zur Welt brachte und nun vor Glück lachte (21, 6). Dies sicherte die Blutlinie Abrahams, der mittlerweile 100 Jahre alt war. Sein Sohn wurde am achten Tag beschnitten, wie es der Bund vorschrieb. Als der Junge größer wurde, wurden jedoch auch die Schikanen immer größer, mit denen Abrahams erster Sohn Ismael (von Hagar) ihn traktierte. Im Neuen Testament bezeichnet Paulus das als Verfolgung (Galater 4, 29).

Wegen Saras Klagen, und nicht zur Freude Abrahams, wies Gott ihn an, Ismael und seine Mutter fortzuschicken. Auch aus Ismael werde ein großes Volk werden, „weil er dein Sohn ist“, doch „nur nach Isaak soll dein Geschlecht benannt werden“ (1. Mose 21, 12-13, 18). Als Ismael und Hagar sich in der Wüste verirrten, kam Gott ihnen zur Hilfe und versorgte sie mit Wasser. Ismael, inzwischen 17 bis 20 Jahre alt, lebte dann als Jäger in der Wüste Paran (zwischen Negev und Sinai) und heiratete eine Frau, die aus Ägypten kam wie seine Mutter (Vers 20-21).

Kurz darauf verpflichteten sich Abimelech und Abraham, die gegenseitigen Rechte auf Land und Wasserressourcen zu respektieren (21, 22-34). Der König hatte erkannt, dass Gott mit Abraham war, vertraute ihm aber noch immer nicht ganz. Sie erkannten, dass sie beide Gründe hatten, misstrauisch zu sein, und legten ihre Meinungsverschiedenheiten in einem Friedensvertrag bei. Der Ort dieses Bundes hieß Beerscheba, „Brunnen der Sieben“, weil Abraham Abimelech dort am Brunnen sieben Lämmer geschenkt hatte, und „Brunnen des Schwurs“, weil sie dort beide Frieden geschworen hatten. In Beerscheba lebte Abraham daraufhin lange Zeit.

DIE HÄRTESTE PRÜFUNG 

Einer der rätselhafteren Aspekte von Gottes Beziehung zu Abraham ist seine Forderung, Abraham solle ihm seinen Erben als Opfer darbringen. Nachdem er Jahre gewartet hatte, dass die Verheißung eines Sohnes von seiner Frau in Erfüllung ging, sollte Abraham nun Gott zu Ehren diesen Sohn hergeben.

Als Gott dies forderte, war Isaak ein junger Mann. Gottes Forderung war in der gleichen Sprache formuliert wie sein Befehl an Abram, aus Ur in Chaldäa fortzuziehen (12, 1), und auch Abrahams Bereitschaft, einfach zu gehorchen, ist bemerkenswert ähnlich. Zusammen machten sich Vater und Sohn auf eine dreitägige Reise „in das Land Morija“ (22, 2), begleitet von zwei jungen Männern. Der Berg Morija wurde später der Berg Zion in Jerusalem, wo Salomo den Tempel baute.

Das letzte Stück bis zum Berg gingen Abraham und Isaak allein; die beiden jungen Männer sollten auf ihre Rückkehr warten. Dass Abraham dachte, Gott werde irgendwie bewirken, dass ihm Isaak als Erbe erhalten blieb, wird aus seinen Worten klar: „Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen“(Vers 5). Dass Abraham sich das vorstellte, ist ein Zeugnis seines Glaubens, dass Gott Isaak doch verschonen würde, oder dass er ihn nach seinem Opfertod wieder auferwecken könnte, sodass er wirklich der Erbe werden konnte, durch den Gottes Verheißung der Nachkommenschaft erfüllt würde. In der Geschichte dieses Vaters, der seinen willigen Sohn opfern muss, um ihn zurückzubekommen, sehen viele eine Parallele zu Gott, dem Vater, der seinen eingeborenen Sohn Jesus als williges Opfer für die Sünden der ganzen Menschheit hingibt, um ihn dann wieder auferstehen zu lassen.

Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt.“

1 Korinther 10,13

Der Hebräerbrief im Neuen Testament beschreibt dieses frühere Ereignis so: „Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, als er versucht wurde, und gab den einzigen Sohn dahin, als er schon die Verheißung empfangen hatte, und ihm gesagt worden war: ‚Was von Isaak stammt, soll dein Geschlecht genannt werden.‘ Er dachte: Gott kann auch von den Toten erwecken; deshalb bekam er ihn auch als Gleichnis dafür wieder“ (Hebräer 11, 17-19; s. auch Jesaja 53). Dass Abraham fraglos bereit war, diese Reise zu machen und zu versuchen, das Opfer zu bringen, bezeugt seinen Glauben daran, dass Gottes Absicht richtig war.

Wie wir wissen, griff Gott im letzten Augenblick ein und verhinderte Isaaks Tod mit den Worten: „Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen“ (1. Mose 22, 12). Dies war der Beweis, den Gott gewollt hatte, und der Zweck der Prüfung. Da sah Abraham einen Widder, der sich im Gestrüpp verfangen hatte, und er wusste: Wie er vorher zu Isaak gesagt hatte (Vers 8), hatte Gott selbst für ein Opfertier gesorgt.

Auf Abrahams Gehorsam hin bekräftigte Gott den Bund mit diesen Worten: „Weil du solches getan hast, […] will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen; und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast“ (Vers 16-18).

Dann schlossen sich Abraham und Isaak wieder den beiden jungen Männern an, die auf sie warteten, und kehrten mit ihnen zurück nach Beerscheba (Vers 19).

DIE SPÄTEN JAHRE 

Eine Weile nach ihrer Rückkehr bekam Abraham Nachrichten über die Familie seines Bruders Nahor. Sie lebte noch in dem Gebiet, das Abraham, Sara und Lot vor vielen Jahren verlassen hatten. Inzwischen war die Familie groß geworden; Nahor und seine Frau Milka hatten mehrere Kinder bekommen. Diese Information war die Voraussetzung für die Heirat von Isaak und Nahors Enkelin Rebekka (1. Mose 24).

Doch zuvor starb Sara und musste begraben werden. Sie starb in Hebron, und Abraham ging dorthin, um sie zu beweinen. Dann kaufte er von den dort ansässigen Hetitern ein Erbbegräbnis; damit dokumentierte er, dass sein Stammland nicht mehr Haran war, sondern das Gelobte Land (23, 1-20).

Abraham, inzwischen „alt und hochbetagt“ (24, 1), beschloss, dass es Zeit war, bei seinen Verwandten in Haran eine Frau für Isaak zu suchen. Er beauftragte seinen ältesten Diener (möglicherweise Eliëser, der viele Jahre zuvor als der ranghöchste Diener in Abrahams Haushalt erwähnt wurde – 15, 2), in die Region zu reisen, und schwor ihn darauf ein, dass Isaak nicht mitreisen durfte und dass seine künftige Frau nach Beerscheba kommen musste (Vers 4-7). Wenn das Mädchen nicht mitkommen wollte, wäre der Diener von seinem Schwur entbunden. Ebenso nachdrücklich war Abrahams Befehl, Isaak keine Frau aus Kanaan heiraten zu lassen (Vers 3).

Die Reise des Dieners, Gottes Eingreifen, die Zustimmung der Familie von Nahor und die Reise Rebekkas zu Isaak werden sehr detailliert beschrieben (Vers 10-66). Die Krönung dieser erfolgreichen Mission ist in Vers 67 zusammengefasst: „Da führte sie Isaak in das Zelt seiner Mutter Sara und nahm die Rebekka und sie wurde seine Frau und er gewann sie lieb. Also wurde Isaak getröstet über seine Mutter.“

Nach Saras Tod zeugte Abraham sechs weitere Söhne mit Ketura (25, 1-2). Die Genesis bezeichnet sie hier als seine Ehefrau; an anderer Stelle wird sie dagegen als Nebenfrau aufgeführt (1. Chronik 1, 32). Diese Söhne, so wird berichtet, sind die Stammväter mehrerer Völker und Stämme in Arabien, auf dem Sinai und in Jordanien. Jeden von ihnen versorgte Abraham, ehe er starb, mit Schenkungen; doch sein Erbe war Isaak (1. Mose 25, 5-6). Wie Ismael sollten diese Söhne getrennt von Isaak leben, östlich vom Gelobten Land.

Der Patriarch „starb in einem guten Alter, als er alt und lebenssatt war“ (Vers 8). Abraham war 175 Jahre alt. Die Liebe und Fürsorge seiner beiden ältesten Söhne wird bezeugt: „Und es begruben ihn seine Söhne Isaak und Ismael“ an derselben Stelle wie Sara – ein passendes Ende für ein Leben voller Glauben, Familienrivalitäten, Fehlschläge und Segnungen. Nun wird die Blutlinie durch Isaak fortgesetzt: „Und nach dem Tode Abrahams segnete Gott Isaak, seinen Sohn. Und er wohnte bei dem ‚Brunnen des Lebendigen, der mich sieht‘“ (Vers 11).

Im nächsten Artikel: Isaak und seine Söhne Jakob und Esau.