Kindererziehung – Lehren und Fördern

Nurture the Nature: Understanding and Supporting Your Child’s Unique Core Personality

Michael Gurian. 2007. John Wiley & Sons, Jossey-Bass, San Francisco. 368 pages.

Right From Wrong: Instilling a Sense of Integrity in Your Child

Michael Riera and Joseph Di Prisco. 2002. Perseus, Cambridge, Massachusetts. 256 pages.

​Raising Kids with Character: Developing Trust and Personal Integrity in Children

Elizabeth Berger. 1999, 2004. Rowman & Littlefield Publishers, Inc., Lanham, Maryland. 248 pages.

Building Moral Intelligence: The Seven Essential Virtues That Teach Kids to Do the Right Thing

Michele Borba. 2001. John Wiley & Sons, Jossey-Bass, San Francisco. 336 pages.

Die meisten Eltern wollen zweifellos das Beste für ihre Kinder, aber was „das Beste“ ausmacht, ist nicht immer klar zu erkennen. Was sich Eltern für ihren Nachwuchs erträumen, ist vielfältig, es könnte Klugheit sein, Reichtum bis hin zu Berühmtheit aufgrund von Glanzleistungen aller Art. Manche beschreiben das, was sie für ihre Kinder wollen, vielleicht nur mit einem allgemeinen Begriff wie Glück. Andere mögen konkretere Zielvorstellungen haben, zum Beispiel „Mein Kind wird ein Superstar“. Welche Ziele es auch sind – die Buchläden quellen über von Ratgebern für Eltern, wie sie diese Ziele erreichen. Und Eltern richten sich nach ihnen. Zu sehr, wie Michael Gurian findet.

Selbst bombardiert von zuweilen widersprüchlichen Ratschlägen populärer Erziehungsgurus, traktieren Eltern ihre Kinder mit Programmen, die ihren Geist fördern und ihren Erfolg sichern sollen, und vergessen dabei, dass die pausenlose Aktivität Kinder überanstrengen und überreizen kann. Von Geburt an werden Babys dem letzten Schrei in Sachen Entwicklungsförderung ausgesetzt: der „richtigen“ Musik oder Spielsachen und Mobiles in den richtigen Farbkombinationen, die das Gehirn in Schwung bringen sollen. Viele Eltern sind inzwischen der Meinung, solche Ratschläge zu ignorieren, bringe die Zukunft ihres Kindes in Gefahr; und so versuchen sie fieberhaft und häufig trotzdem erfolglos, alles umzusetzen, was sie hören – oft zu einem enormen Preis für die Finanzen der Familie und den Seelenfrieden des Kindes.

Der Familientherapeut Michael Gurian nennt diese Erziehungsmethode „Erziehung nach gesellschaftlichen Trends“. In seinem neuesten Buch Nurture the Nature: Understanding and Supporting Your Child’s Unique Core Personality geißelt er das „von den Medien und der Gesellschaft geforderte System der Kindererziehung, in dem nicht mehr das Gespür der Eltern für die Persönlichkeit ihrer eigenen Kinder das eigentliche Steuerzentrum der Erziehung ist, sondern ständig wechselnde gesellschaftliche Moden, Experten und Infotainments“. Anstelle dieser schablonenhaften Herangehensweise, die er als Symptom der Fließbandmentalität der Industriellen Revolution ansieht, propagiert er einen individuelleren Erziehungsstil.

Gurian glaubt, dass Eltern, die sich die Zeit nehmen, die individuelle Persönlichkeit jedes Kindes zu verstehen – seine Schwächen, Stärken und Möglichkeiten –, dem Verhalten ihrer Kinder bessere Grenzen setzen und ihnen Anregungen der richtigen Art in der richtigen Dosierung geben können. „Wenn wir sehen, wie der junge Wesenskern unseres Kindes mit seinem Naturell,  seinem Streben und seinem Verantwortungsbewusstsein einfallsreich gedeiht“, schreibt er, „dazu mit einer vernünftigen Zeitplanung, unterstützt durch vernünftige materielle Ziele, können wir im Haus eine Ruhe und in uns selbst eine tiefere Sinnerfahrung erleben.“

Doch wie erkennt man das individuelle Wesen seines Kindes? Gurian weist darauf hin, dass der Wesenskern eines Kindes in einigen Aspekten durch angeborene Persönlichkeit und Temperament vorgegeben ist, in anderen durch sein Geschlecht. Die Geschlechterforschung kann Eltern z.B. heute die Bestätigung liefern, dass die Verdrahtung des Gehirns bei einem zehnjährigen Jungen viel stärker auf körperliche Aktivität ausgerichtet ist als bei einem gleichaltrigen Mädchen. Bei einem Mädchen ist sie dagegen stärker auf Aufmerksamkeit für Beziehungen ausgerichtet. Mit dieser Art Informationen sind Eltern besser gerüstet, zu erkennen, wie sie mit den Schwächen und Stärken ihrer Kinder am besten umgehen können, um ihnen zu helfen, Sinn und Zweck im Leben zu finden.

Laut Gurian findet „der individuelle Wesenskern eines Kindes Sinn durch Verantwortung … Eine Sinnerfahrung beim Kind und dann beim Erwachsenen entwickelt sich aus kleinen Samen sinnvollen Handelns.“ Mit anderen Worten, wenn wir von unseren Kindern verlangen, durch ihr Handeln und für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen, helfen wir ihnen, ein Gefühl dafür zu bekommen, warum sie leben. Dagegen glaubt Gurian, durch ein Überschütten mit materiellen Gütern und Aktivitäten, ohne Bezug zu einer entsprechenden Leistung eines Kindes, könne es von seiner „natürlichen Suche nach Sinn und Zweck“ abgelenkt werden.

Anschließend bietet Gurian praktische Ratschläge, nach Altersgruppen gegliedert, um Eltern zu helfen, ihre Kinder während ihres ganzen Lebens in diesem Bedürfnis nach Sinn und Zweck zu unterstützen. Eines seiner erklärten Leitprinzipien ist, dass „Charakter und moralische Entwicklung, aber auch spirituelle Reflexion und Momente der Freude entscheidend sind, um die Persönlichkeit jedes Kindes voll zu entfalten“, doch nur dieses eine Mal kommen die Begriffe Charakter und moralische Entwicklung im Text tatsächlich vor. Viele Ratschläge in seinem Buch können zu einer wirksamen Charakterbildung und der Entwicklung einer moralischen Intelligenz dienen, doch fehlt trotz Gurians Grundsatzerklärung eine weitere Erhellung dieser Begriffe. Andererseits sind sie vielleicht von genug Tiefe, um zu einer gesonderten Erörterung in einem weiteren Buch anzuregen.

BEGRIFFSDEFINITIONEN?

Zu diesen Themen haben bedauerlicherweise wenige seit 2000 erschienene Bücher etwas von wirklichem Wert zu sagen. Zu den neueren Büchern über das Thema Charakterbildung und moralische Entwicklung bei Kindern zählen Right From Wrong von Michael Riera und Joseph Di Prisco sowie Raising Kids With Character von Elizabeth Berger. Beide werden jedoch leider nicht den Erwartungen gerecht, die ihre Titel wecken.

Die Pädagogen Riera und Di Prisco, denen eine klare Definition von Richtig und Falsch nie ganz gelingt, raten dazu, Kindern unter den „richtigen“ Umständen „Unwahrheiten“ zu sagen, und verwenden lieber den Begriff Integrität als Charakter oder Moral. Unter Integrität verstehen die Autoren „eine Person in ihrer Ganzheit . . . ungeteilt“, und sie entschuldigen ihre Vermeidung des Begriffs Moral damit, dass „wahre Selbstachtung und Charakter und Moral Merkmale der Integrität“ seien. Auf der Basis dieser Definition von Integrität scheint die Argumentation allerdings fehlerhaft zu sein. Wie formt man eine Ganzheit ohne Standards, die definieren, woraus diese Ganzheit besteht? Oder wie entscheidet man, welche Teile einer Persönlichkeit man fördert und welche man ablehnt, wenn man keine Vorstellung davon hat, welche Neigungen richtig und welche falsch sind? Es ist wohl so, dass Cha-rakter und Moral ein integraler Bestandteil jedes Versuchs sein müssen, eine Ganzheit zu schaffen.

Riera und Di Prisco verwenden das Wort mit einer seiner möglichen Bedeutungen, doch die Stanford Encyclopedia of Philosophy warnt, die Verwendung von Integrität im Sinne von Tugend sei gewagt: „In der Alltagssprache hat Integrität zwei Intuitionen: Erstens ist Integrität primär eine formale Beziehung zu sich selbst, zwischen Teilen oder Aspekten seiner Selbst; zweitens hat Integrität sehr viel mit moralischem Handeln zu tun . . . Wie diese beiden Wahrnehmungen des Wortes in einer widerspruchsfreien Theorie der Integrität zu vereinen sind, ist nicht klar, und die meisten Definitionen von Integrität neigen dazu, eine dieser Bedeutungen zum Nachteil der anderen in den Vordergrund zu stellen.“

Dies scheint für das Buch Right From Wrong absolut zuzutreffen: In ihrer Definition von Integrität betonen die Autoren die „Ganzheit“ auf Kosten der Moral und wagen so die Schlussfolgerung, dass man unmoralischen Menschen tatsächlich Integrität bescheinigen kann. Nach dieser Definition könnte ein Hitler als Person von Integrität gelten, solange er „der sicheren Überzeugung ist, dass er richtig lebt“, wie Riera und Di Prisco schreiben. Hätte Hitler geglaubt, dass er nicht richtig lebte? Handelte er nicht seiner Überzeugung nach folgerichtig, mit ungeteilter Treue zu seinem inneren Selbst? Die Stanford Encyclopedia of Philosophy merkt auch an: „Man kann einem Menschen Integrität zugestehen, selbst wenn er weit verfehlte moralische Überzeugungen hegt“ (Betonung hinzugefügt).

Welchen Schluss Riera und Di Prisco für das gesamte Thema ziehen, kann man ihrem letzten Absatz entnehmen: „Es war Augustinus [von Hippo, 354-430], der schlau sagte: ,Liebe Gott, und tu, was du willst.‘ Wir möchten seine Weisheit säkularisieren und für unsere Zwecke anpassen: ,Sei integer, und tu was du willst.‘ Dies ist die sicherste Orientierung der Welt . . .“

Manchen Eltern mag dies allerdings nicht wirklich sicher genug sein, und sie könnten überlegen, dieses Werk in Michael Gurians Korb mit der Aufschrift „Bücher für Erziehung nach gesellschaftlichen Trends“ zu werfen. Wenig später könnte dorthin auch das Buch Raising Kids With Character von der Kinderpsychiaterin Elizabeth Berger folgen.

Frau Bergers Verwendung des Wortes Charakter mag den Leser zwar etwas näher an festen Boden bringen als Rieras und Di Priscos Integrität, doch ihre Methode, diesen Begriff zu vermitteln, lässt den Leser ebenso ohne wesentliche Hilfe zurück – wenn auch reichlich versorgt mit Sentimentalität. Raising Kids With Character hat einige Goldkörner an Weisheit zu bieten, doch man muss sie aus Strömen von Zuckerwasser aussieben und durch  verworrene Begriffe waten, um sie zu finden.

KONKRETE STRATEGIEN

Wer geneigt ist, Frau Bergers Ratschläge mit einem vernünftigeren Wegweiser zu vergleichen, kann zum Glück noch immer Michele Borbas Buch Building Moral Intelligence: The Seven Essential Virtues That Teach Kids to Do the Right Thing von 2001 erhalten.

Wie Frau Berger erkennt Frau Borba an, dass moralischer Charakter bei Kindern mit einer gesunden Dosis Elternliebe entsteht. Anders als Frau Berger glaubt Frau Borba jedoch, dass Charakter zudem aktiv gelehrt werden muss. Die Folgen für die Kinder wären andernfalls „ein schwaches Gewissen, schlechte Impulskontrolle, unterentwickeltes Moralgefühl und irregeleitete Überzeugungen“. Die gute Nachricht ist, schreibt sie: „Moralische Intelligenz wird erlernt, und man kann schon bei Kleinkindern beginnen, sie aufzubauen.“ Im Folgenden bietet die Expertin für Kinderentwicklung und Erziehungsberaterin Borba klaren, sachlichen Rat darüber, wie man sie lehrt.

Ihr konkreter Realismus steht in scharfem Gegensatz zu Frau Bergers weniger klarer Vorstellung, Kinder lernten Dinge wie Charakter und Sprache „nicht weil sie unterwiesen werden, sondern weil sie geliebt werden“. In passiver Sprache äußert Frau Berger die Meinung: „Säuglinge haben schon genau das in sich, was sie brauchen werden, . . . um die Welt um sie herum zu bewältigen und mit der Zeit mit sich selbst zurechtzukommen, solange sie liebevoll umsorgt und in all den gewöhnlichen Dingen vor Unbill geschützt werden.“

Tatsächlich“, meint sie, „bedürfen die meisten kindlichen Fehler keiner besonderen Korrektur.“

Als Eltern und Lehrende können wir uns nicht mehr zurücklehnen und hoffen, dass unsere Kinder mitfühlende und anständige Menschen werden. Das moralische Wachstum unserer Kinder wird durch zu viele gesellschaftliche Einflüsse gefährdet.“

Michele Borba, Building Moral Intelligence

Frau Borbas Stimme ist dagegen kein Säuseln aus den Wolken, sondern ein verstehbarer Ruf, der stetig vom festen Boden der Erde kommt. Sie betont die Bedeutung bedingungsloser Liebe und fügt realitätsnah hinzu: „In manchen Fällen, wenn das Verhalten unseres Kindes unangebracht ist, kann es nötig sein, mit einer klaren, gelegentlich auch heftigen Zurechtweisung zu reagieren.“ Sie kennt die Realitäten, mit denen Eltern konfrontiert sind, und erklärt: „Als Eltern und Lehrende können wir uns nicht mehr zurücklehnen und hoffen, dass unsere Kinder mitfühlende und anständige Menschen werden. Das moralische Wachstum unserer Kinder wird durch zu viele gesellschaftliche Einflüsse gefährdet. . . . (Die sieben Haupttugenden) zu Hause, in der Schule und in unserem Umfeld bewusst zu lehren, ist die beste Garantie, die wir haben, dass unsere Kinder ein anständiges, moralisches Leben führen werden.“

Daneben mutet Frau Bergers Ton fast verträumt an: „Eltern müssen ihren Kinder nicht das Warten beibringen“, versichert sie ihren Lesern; „das tut das Leben, das Kinder auf vieles, das sie sich wünschen, warten lässt, bis sie erwachsen sind“. Raising Kids With Character schließt mit einem Kommentar, den man als psychedelisch beschreiben könnte: „In dem großen Strom des Lebens ist unsere Liebe . . . unsere wahre Unsterblichkeit. . . . So wird unsere Liebe zu unseren Kindern das Kind selbst und seine Kinder und Kindeskinder. Dies kann ein Teil unserer Antwort sein, wenn ein Kind fragt: ,Was geschieht mit uns, wenn wir sterben?‘ Wir können diesem Kind die Sicherheit geben – und auch uns selbst, falls wir je daran gezweifelt haben –, dass jeder Mensch die Chance hat, an dem tiefsten, ewigen Mysterium teilzuhaben, das es gibt: dem menschlichen Herzen.“ Leider ist dies nicht das einzige Mysterium, mit dem Frau Berger ihre Leser zurücklässt.

Frau Borba verliert hingegen keine Zeit damit, über Mysterien zu rätseln. Sie hat im Fach Erziehungswissenschaft promoviert, und das zeigt sich in ihren präzisen Formulierungen und ihrer straff organisierten Gliederung. Was der Titel verspricht, erfüllt sie mit Kompetenz und präsentiert ohne Umschweife die sieben Haupttugenden, die Kindern vermittelt werden müssen: Mitgefühl, Gewissen, Selbstbeherrschung, Respekt, Güte, Toleranz und Gerechtigkeit. „Dies sind die zentralen Eigenschaften, die Ihrem Kind helfen werden, ein anständiger, guter Mensch zu werden“, schreibt sie. „Sie sind das Fundament eines fes-ten Charakters und starken Gemeinschaftssinns, und das ist es, was wir für unsere Kinder am meisten wollen.“

Respekt ist die Tugend, die die Goldene Regel umsetzt; wenn wir andere so behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten, tragen wir dazu bei, dass die Welt moralischer wird.“

Michele Borba, Building Moral Intelligence

Auch mit schwammigen Definitionen hält sie sich nicht auf. „Moralische Intelligenz ist die Fähigkeit, Richtig und Falsch zu unterscheiden; das bedeutet, starke ethische Überzeugungen zu haben und nach ihnen zu leben, sodass man sich richtig und ehrenhaft verhält.“ Von diesem Standpunkt weicht sie nicht ab, auch nicht, wenn sie die Tugend der Toleranz definiert: „Toleranz bedeutet nicht, dass wir unser moralisches Urteilsvermögen beiseite lassen“, stellt sie klar. „Toleranz befähigt uns zur Einigung über die Uneinigkeit selbst bei den strittigsten Themen; sie befähigt uns, mit unseren tiefsten Meinungsverschiedenheiten zu leben, während wir weiter über sie diskutieren.“ Dieser Definition lässt Frau Borba konkrete Strategien folgen, Kindern diese Art Toleranz aktiv zu vermitteln.

Was ist die größte Herausforderung für Eltern, die Toleranz lehren wollen – oder jede der anderen Tugenden? Frau Borba zufolge ist es der Kampf mit den kulturellen Einflüssen, die Kinder zunehmend bombardieren. Wie zu erwarten, zählen hierzu schädliche Botschaften, die Kinder durch Medien aller Art erreichen, oft ohne durch den Einfluss einer erwachsenen Aufsichtsperson abgemildert zu werden. Doch Frau Borba fährt fort: „Alle und alles, das den moralischen Überzeugungen Ihrer Familie zuwiderläuft, ist eine potenzielle Gefahr; es kommen also noch Gleichaltrige, andere Erwachsene, selbst die Abendnachrichten auf die Liste.“ Natürlich müssen Eltern als die wichtigsten Lehrer eines Kindes auch bedenken, dass ihr eigenes Beispiel von erstrangiger Bedeutung ist – eine Binsenwahrheit, die ich als ehemalige Schullehrerin bereitwillig anerkenne.

Frau Borba erwartet nicht, dass Eltern ihre Kinder vor allen negativen Kultureinflüssen schützen können, doch sie überzeugt ihre Leser gekonnt, dass Kinder ein Gespür für Richtig und Falsch entwickeln, das sie negativem Druck standhalten lässt, wenn Eltern sich aktiv engagieren, ihnen moralische Prinzipien zu vermitteln.

Sehr interessante wissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass Menschen, die in ihrer Kindheit an religiösen Aktivitäten teilgenommen haben, im Leben erfolgreicher sind. . . . Jetzt ist es wichtig, dass Sie sich fragen, wie Sie sich in diesen Bereich des Wesenskerns Ihres Kindes einschalten wollen.“

Michael Gurian, Nurture the Nature 

Wie soll dies geschehen? Frau Borba hat viele praktische Vorschläge wie die folgenden:

  •  Sprechen Sie mit Ihren Kindern über moralische Maßstäbe, und zwar oft. In der Erforschung der Hauptfaktoren, die ethisches Verhalten bei Kindern fördern, wird dies „direkte moralische Unterweisung“ genannt.
  •  Erwarten Sie moralisches Verhalten – ja scheuen Sie sich nicht, es zu fordern. Hohe, aber erreichbare Erwartungen, von denen die Eltern nicht abgehen, bringen erstaunliche Ergebnisse, besonders wenn die Eltern selbst danach leben.
  •  Befragen Sie Ihre Kinder, und zwar unter einer moralischen Perspektive. Die Kinder sollten keinen Zweifel daran haben, auf welchen Prinzipien Ihre Erziehung beruht.

Frau Borba überbrückt einen großen Teil der Lücke, die Gurian –wenn auch vielleicht absichtlich – in seinen Ausführungen über Moral ausgelassen hat. Wenn sie einen wichtigen Gedanken auslässt, den Gurian einbringt, so ist es der, Kindern ein Gefühl für Sinn und Zweck zu geben. Manche Eltern sehen Sinn und Zweck allerdings als motivierende Faktoren, die erst am Ende der Reifung eines Kindes wirksam werden können – und dies könnte zutreffen, wenn sich Sinn und Zweck allein darauf beziehen, womit man seinen Lebensunterhalt verdienen will, wenn man erwachsen ist.

Doch sicher muss es, wie Gurian anklingen lässt, ein umfassenderes inneres Sinngefühl geben, das von zentraler Bedeutung ist, um moralische Intelligenz zu fördern. Vielleicht gibt es sogar einen fundamentalen Lebenssinn, der sich schon vom Säuglingsalter an vermitteln ließe und der wichtig genug ist, um einem Kind die Zuversicht und Motivation zu geben, an den Bemühungen der Eltern um die Förderung des Besten an ihm und seiner moralischen Intelligenz mitzuwirken. Dennoch ist anzuerkennen, dass die Herangehensweisen von Gurian und Frau Borba einander gut ergänzen und Eltern ein unschätzbares Instrumentarium geben können, um ihre Kinder zur Erfüllung ihres höchsten persönlichen Potenzials als Menschen und zum Wohl der ganzen Gesellschaft zu erziehen.

Und ist es nicht letztlich das, was Eltern für ihre Kinder wirklich wollen?