Rezept gegen Altenmisshandlung: Respekt vor dem Alter

Vor einigen Jahren setzte ich mich in der Kirche neben eine alte Dame von unserer Gemeinde, die offensichtlich Schmerzen hatte, und fragte sie, wie es ihr gehe. Ohne zu klagen erklärte sie, was ich schon wusste: Sie hatte starke Schmerzen in den Knien. Obwohl es ihr sichtlich schlecht ging, sah sie ihre Lage noch mit Humor. Sie sagte mit einem Zwinkern in den Augen: „Alt werden ist nichts für Zimperliche.“

Es erfordert mit Sicherheit eine positive Lebenseinstellung, Glauben, Mut, Geduld und Demut, um die Schwierigkeiten zu ertragen, die das Alter manchmal mit sich bringen kann.

Erschwert werden die Probleme, die mit dem Alter oft einhergehen, durch unsere einseitig jugendorientierten Werte unserer Gesellschaft; das Verständnis, die Abgeklärtheit und die Weisheit, die oft erst das Alter und die Erfahrung bringen, werden insofern abgewertet. So müssen die Alten nicht nur mit ihren abnehmenden körperlichen Fähigkeiten und wachsenden Schwierigkeiten zurechtkommen, sondern erleiden oft die Kränkung mangelnder Achtung vor ihrem Wert als Person und ihrer bisherigen Lebensleistung.

Mangelnde Achtung vor dem Alter ist ein Faktor, der zur Misshandlung älterer Menschen beiträgt. Wie alles im Leben muss Achtung vor dem Alter vorgelebt und beigebracht werden. Auf Gottes Geheiß wies Mose das Volk Israel an: „Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen und die Alten ehren und sollst dich fürchten vor deinem Gott“ (3. Mose 19, 32). Wer die gebotene Ehrfurcht vor Gott hat, begegnet alten Menschen, Geschöpfen Gottes, mit Ehrerbietung und Achtung.

Diese Haltung zeigt sich in dem pastoralen Rat des Apostels Paulus an einen jungen Mitarbeiter namens Timotheus: „Einen Älteren fahre nicht an, sondern ermahne ihn wie einen Vater . . . [und] die älteren Frauen wie Mütter“ (1. Timotheus 5, 1-2). Diese Weisung beruht ihrerseits auf einem der Hauptprinzipien des Gesetzes Gottes: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ (2. Mose 20, 12).

Weiter schrieb Paulus Timotheus über die Mitglieder der frühkirchlichen Gemeinde: „Wenn aber eine Witwe Kinder oder Enkel hat, so sollen diese lernen, zuerst im eigenen Hause fromm zu leben und sich den Eltern dankbar zu erweisen; denn das ist wohlgefällig vor Gott“ (1. Timotheus 5, 4). Die Fürsorge, die (die meisten) Eltern ihren Kindern von Geburt bis zur völligen Selbstständigkeit geben, muss zurückgegeben werden, wenn alte Eltern durch Umstände wie nachlassende Gesundheit oder geis-tige Verwirrung in Abhängigkeit geraten. Vergeltung für selbst erlittene oder vermeintlich falsche Behandlung an den alten Eltern auszulassen, ist sicher ein Ausdruck eines minderwertigen Charakters.

Die biblischen Prinzipien in Bezug auf die Behandlung der alten Generation sind heute noch so wertvoll und sinnvoll wie vor Jahrtausenden. Würden diese Prinzipien gewürdigt und angewendet, so wäre viel getan, um Gewalt gegen alte Menschen auszumerzen.