Der Kult geht weiter

Die Geschichte des Kaiserkults vom Tod Trajans (117 n.Chr.) bis zu Konstantin, dem ersten scheinbar christlichen Kaiser (312-337), war von sporadischen Verfolgungen der Untertanen geprägt, die sich an der Anbetung des Kaisers nicht beteiligen wollten – insbesondere Juden und Anhänger Christi. Sie wurden zwar nicht von Staats wegen gesucht, konnten jedoch bestraft werden, wenn andere sie anzeigten.

In dieser Epoche setzten mehrere Kaiser den Kaiserkult fort :

Hadrian (117-138) wurde oft mit dem griechischen Göttervater Zeus assoziiert. Er liebte alles Griechische; auf Bitten der Stadt Athen stellte er den dortigen Tempel des Olympischen Zeus fertig, und in Eleusis wurde er in die Mysterienreligion eingeweiht. Tempel und Statuen verherrlichten Hadrian, und auf Münzen war er als Gott abgebildet. Nicht nur sich selbst ließ er anbeten – er erklärte auch seinen jungen ägyptischen Gefährten Antinous nach dessen frühem Tod zum Gott.

Antoninus Pius (138-161) erhielt den Beinamen Pius [lat. „der Fromme“] dafür, dass er den Senat überredete, Hadrian zum Gott zu erklären. Antoninus selbst verhielt sich gegenüber dem Christentum generell passiv. Als jedoch Polykarp (ein Schüler des Apostels Johannes und Bischof von Smyrna) sich einem Prokonsul gegenüber weigerte, „Caesar ist Herr“ zu sagen und der Statue des Kaisers Weihrauch darzubringen, wurde er mit dem Feuertod bestraft. Nach seinem eigenen Tod wurde Antoninus zum Gott erklärt.

Marcus Aurelius (161-180) war ein Philosoph der Stoa. Obwohl er christliche Gegner des Kaiserkults nicht aktiv verfolgte, war ihre Hinrichtung unter seiner Herrschaft gestattet. Nach seinem Tod wurde auch er zum Gott erklärt.

Commodus (180-192) wird von Geschichtsschreibern als ein korrupter, grausamer Mann von der Art des Caligula, Nero und Domitian beschrieben. Er verlangte, als Gott verehrt zu werden. Laut dem römischen Geschichtsschreiber Cassius Dio aus dem 3. Jahrhundert wurde er öffentlich mit einer großen Goldstatue geehrt. Unter Commodus wurden zwölf Christen in Nordafrika (der Nachwelt als Märtyrer von Scili bekannt) enthauptet, weil sie keinen Treueeid auf ihn ablegten. Als ein angesehener römischer Bürger –möglicherweise ein Senator – namens Apollonius sich aufgrund seines christlichen Gewissens ebenfalls weigerte, dem Bild des Kaisers zu opfern oder ihn als „Commodus, Herr und Kaiser“ anzuerkennen, wurde auch er enthauptet. Commodus wurde schließlich offenbar wahnsinnig, hielt sich für den Gott Hercules und kleidete sich und kämpfte als Gladiator. Er wurde ermordet, und der Senat schmähte sein Andenken.

Septimius Severus (193-211) wurde, wie die meisten römischen Kaiser, mit dem göttlichen Titel „Herr“ bezeichnet. Seine Frau, Julia Domna, war die Tochter eines Priester des Sonnenkults im syrischen Emesa und wurde durch Einheirat Teil des Kaiserkults. Sowohl sie als auch der Kaiser wurden nach dem Tod zu Göttern erklärt.

Marcus Aurelius Antonius „Caracalla“ (211-217) war einer der gewalttätigsten Herrscher Roms. Sein anderer Spitzname Tarautas stammte von einem besonders hässlichen und blutrünstigen zeitgenössischen Gladiator, dem er ähnlich sah. Obwohl er Juden und Christen duldete, soll er sich als Herrscher für einen Gott und den Sohn oder Bruder seiner Lieblingsgottheit, des griechisch-ägyptischen Sonnengottes Serapis, gehalten haben. Als einzigen römischen Kaiser stellt ihn eine Statue als Pharao dar. Seine Anhänger zwangen den Senat nach seinem Tod, ihn zum Gott zu erklären. Caracallas Nachfolger waren Macrinus (217-218), Elagabalus (218-222) – benannt nach dem syrischen Sonnengott, dessen Hohepriester er war – und Alexander Severus (222-235).

Decius (249-251) war verantwortlich für die Wiederherstellung des Kaiserkults; jeder Bürger musste ein Zeugnis von einem Tempel beibringen, das seinen Gehorsam bestätigte. Beabsichtigt oder nicht hatte sein diesbezügliches Edikt im Jahr 250 die erste Christenverfolgung im gesamten Römischen Reich zur Folge. Jeder musste den Göttern opfern. Die Bischöfe von Jerusalem, Antiochia und Rom waren unter denen, die sich weigerten und getötet wurden; viele andere wurden verhaftet.

Valerian (253-260) ordnete die Wiederaufnahme der Verfolgungen des Decius an; insbesondere christliche Bischöfe, Älteste und Diakone sollten gezwungen werden, den Göttern zu opfern. In seiner Regierungszeit starben Cyprian von Karthago und Papst Sixtus II. den Märtyrertod.

Diocletian (284-305) ließ sich „Herr und Gott” nennen und gab sich als persönlicher Schützling des obersten römischen Gottes Jupiter aus. Er erklärte sich und seinen Mitkaiser Maximian zu „Söhnen von Göttern und Erschaffern von Göttern“; sich selbst nannte er Jove/Jupiter und seinen Kollegen Hercules. Wieder wurden die Christen zur Zielscheibe einer besonders grausamen Verfolgung. In den Jahren 303-304 erließ Diocletian vier Edikte. Im ganzen Reich wurde jeder, der nicht opferte, entweder hingerichtet oder zu Zwangsarbeit verurteilt. Als im Jahr 312 mit Konstantin erstmals ein Kaiser kam, der sich zum Christentum bekannte, war dies das Ende der Christenverfolgungen durch römische Kaiser.