Heraus aus dem Sumpf

Earth Odyssey

Mark Hertsgaard. 1999. Abacus, London. 372 pages.

The Carbon War: Dispatches From the End of the Oil Century

Jeremy Leggett. 1999. Allen Lanet, London. 338 pages.

Natural Capitalism: The Next Industrial Revolution

Paul Hawken, Amory B. Lovins and L. Hunter Lovins. 1999. Earthscan Publications Ltd., London. 396 pages.

Im letzten Jahr sind einige bemerkenswerte Bücher über Umweltverschmutzung und die Prognose für unseren Planeten erschienen. 

In Earth Odyssey (Irrfahrt der Erde) führt uns der Schriftsteller und Journalist Mark Hertsgaard auf eine Reise in einige der verseuchtesten Gebiete der Welt. Sein Ziel ist es, „unser kollektives Verhalten zu beschreiben und zu fragen, wohin ein solches Verhalten wahrscheinlich führt.“ Er stellt die große Frage: Werden wir überleben? Hertsgaard lehrt das Schreiben von Sachtexten an der John Hopkins University und hat Bücher über so unterschiedliche Themen wie die Beatles, Atomenergie und die Presseberichterstattung während der Präsidentschaft von Ronald Reagan geschrieben. 

The Carbon War (Der Kohlenstoff-Krieg) führt uns auf eine ähnlich lange Reise: den achtjährigen Kampf von Wissenschaftlern, Umweltschützern und ihren Verbündeten, die Hoffnung auf ein internationales Umweltschutzabkommen am Leben zu erhalten. Der Autor Jeremy Leggett promovierte 1978 in Oxford in Geowissenschaften und lehrte 11 Jahre lang am Imperial College of Science and Technology. Er arbeitete auch als Berater für die Ölbranche, doch seine wachsende Sorge um die Umwelt (und später den Treibhauseffekt) bewegte ihn dazu, die Hochschule und die Industrie zu verlassen und sich der internationalen Umweltschutzorganisation Greenpeace anzuschließen. In diesem Buch berichtet Leggett von seinen Erfahrungen und bedingten Zukunftshoffnungen, die ihn dazu führen, wie Hertsgaard die Frage nach unserem Überleben zu stellen. 

Natural Capitalism (Naturbezogener Kapitalismus) ist ein optimistisches Buch. Seine Autoren glauben, dass es eine neue industrielle Revolution geben muss, nach der die Erde und ihre Ressourcen mit Achtung als das wertvollste Kapital überhaupt behandelt werden: natürliches (von der Natur stammendes) Kapital. Paul Hawken wurde für seine Führungsrolle im Umweltschutz international geehrt; Amory und Hunter Lovins sind für ihre Pionierarbeit in Technik, Wirtschaft und Politik ähnlich anerkannt. Zusammen haben sie für eine beneidenswerte Auswahl internationaler Unternehmen und Organisationen gearbeitet. 

ÜBERLEBEN: DIE GROSSE FRAGE 

Wir beginnen unsere Besprechung mit Hertsgaards großer Frage: Wird die Spezies Mensch überleben? Er hat versucht, dies persönlich herauszufinden, und seine Suche, die mehrere Jahre in Anspruch nahm, führte ihn in 19 Länder in aller Welt. 

Umweltverschmutzung, so stellte er fest, betrifft alle Gesellschaften und Lebensumstände - von der verzweifeltsten Not bis zur räuberischsten Gier. Schnell erkannte er ein grundlegendes Dilemma, bei dem Namen und Orte unterschiedlich sein können, das wesentliche Problem aber das Gleiche bleibt. Wenn man zum Beispiel wohl einerseits weiß, dass die Bäume des brasilianischen Regenwaldes einen unverzichtbaren Beitrag dazu leisten, das Kohlendioxid zu absorbieren, das andererseits unsere energiefressenden Industrien und allgegenwärtigen Autos unserer reichen Länder in die Atmosphäre blasen, wie überzeugt man dann eine arme Bauernfamilie Brasiliens, nicht noch mehr Bäume abzuholzen, um sich ihr bescheidenes Existenzminimum zu verdienen? 

Earth Odyssey berichtet, dass in jeder Schicht innerhalb der menschlichen Gesellschaften Gründe und Entschuldigungen dafür vorgebracht werden, dass sich fast niemand mit der Verschlechterung der Umwelt auseinandersetzt - vorerst. Überall bekam er die gleichen Einwände zu hören: Ehe wir uns mit der Umwelt von morgen befassen, müssen wir Essen für heute haben. 

Da unsere beiden anderen Bücher vorwiegend die bekannte westliche Einstellung zur Umweltverschmutzung behandeln, konzentrieren wir uns auf Earth Odyssey und Hertsgaards Besuche in China und Russland. 

Earth Odyssey berichtet, daß in jeder Schicht innerhalb der menschlichen Gesellschaften Gründe und Entschuldigungen dafür vorgebracht werden, dass sich fast niemand mit der Verschlechterung der Umwelt auseinandersetzt – vorerst.

DER AUFBLÜHENDE, NOTLEIDENDE OSTEN 

China ist zur Zeit die siebtgrößte Industrienation der Welt und wird nach Hertsgaards Überzeugung um das Jahr 2010 die größte sein. Seit den Marktreformen von 1979 hat sich sein Pro-Kopf-Einkommen verdoppelt - mit verheerenden Auswirkungen auf die Umwelt. In den Städten hat sich der Besitz von elektronischen Geräten vervielfacht: bei Kühlschränken zum Beispiel von 7% auf 62% und bei Farbfernsehern von 17% auf 86%. Chinas wachsende Bevölkerung ist typisch für Schwellenländer generell, sie haben „den Braten gerochen“. Sie haben erfahren, was so viele in den wohlhabenden Industrienationen seit langem als selbstverständlich genießen - und sie wollen verständlicherweise unbedingt mehr davon. 

Chinas wichtigste Energiequelle für seine Infrastruktur und sein rasantes Industrie- und Wirtschaftswachstum ist Kohle, einer der wenigen reichlich vorhandenen Rohstoffe. Für die nächste Zukunft sind 30 bis 60 neue Kraftwerke pro Jahr geplant, um mit der erwarteten Nachfrage nach Energie Schritt zu halten, zwei Drittel davon werden Kohlekraftwerke sein. 

Kohle produziert pro verbrauchter Energieeinheit rund 25% mehr Kohlendioxid als Öl und doppelt so viel wie Erdgas. China hat bereits 5 der 10 am stärksten verschmutzten Städte weltweit, und saurer Regen verursacht jährlich Schäden in Höhe von schätzungsweise 5 Milliarden Dollar - zusätzlich zu dem erheblichen Schaden durch sauren Regen, der in Nachbarländer wie Südkorea und Japan „exportiert“ wird. Dennoch schätzt Hertsgaard, daß allein Chinas geplante Steigerung des Kohlendioxidausstoßes bis 2025 den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen um 17% erhöhen wird. 

Trotz Chinas rußgeschwängerter Luft und verseuchter Nahrungsmittel und Gewässer - und der großen Verbreitung umweltbedingter Krankheiten - fand Hertsgaard die meisten Chinesen stoisch unbekümmert. „Ich bin daran gewöhnt“ war eine typische Antwort auf seine Fragen nach Gesundheitsschäden. Die Chinesen fegen solche Sorgen gern etwas bissig mit der Bemerkung beiseite: „Ist Ihr Magen zu voll?“ 

Inzwischen stehen Strahlenverseuchung und die Vergiftung der Böden und Gewässer fast an der Spitze der Befürchtungen, die Hertsgaard für Russland hat. Fünfzehn Atomreaktoren, die in der ehemaligen UdSSR noch in Betrieb sind, gelten als ebenso gefährlich wie der Reaktor, der 1986 in Tschernobyl explodierte. Davor gab es drei nicht bekanntgegebene Atomkatastrophen in Mayak (Russland), dem Ort mit der höchsten Strahlenverseuchung der Welt. Hertsgaard bezeichnet ihn als den Ort der größten Atomkatastrophe nach Hiroshima und Nagasaki. Bis 1956 wurde Atommüll direkt in den nahegelegenen Fluss Techa gekippt. Die beiden anderen Katastrophen wurden von Explosionen in Atommüllagern verursacht. Strahlenkrankheit, Leukämie und Missgeburten sowie eine Konzentration anderer degenerativer Krankheiten grassieren in diesem Gebiet. Doch weil diese Gegend ein militärisches Sperrgebiet ist, klärten die Ärzte die Bevölkerung bis vor kurzem nicht über ihre Krankheiten auf. 

Und während die Einwohner von Städten wie St. Petersburg Wasser trinken, das nach Schwermetall schmeckt, steht jeden Monat der eine oder andere chemikalienverseuchte Fluss in Russland in Flammen. 

DÜSTERE STATISTIK 

The Carbon War konzentriert sich auf die verhängnisvollen Gefahren der Umweltverschmutzung durch Kohlenstoffe und des damit verbundenen Treibhauseffekts. Laut Leggett ist der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre heute um 50% höher als vor der Industriellen Revolution. Nach Schätzung der 2500 Wissenschaftler und Experten, die im Jahr 1988 in das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) der UN [Zwischenstaatliches Gremium über Klimaveränderung] berufen wurden, wäre eine weltweite Reduzierung der Emissionen um 50% bis 70% notwendig, um dieses Niveau auch nur zu stabilisieren - und sie waren nicht sicher, dass selbst solch drastische Maßnahmen größere Klimaveränderungen verhindern könnten. 

Der Treibhauseffekt, informiert uns Leggett, hat höchst unangenehme Folgen. Nach Berichten des britischen Wetteramts und der NASA könnte dies eine Verschlechterung der Getreideernten in Afrika, im tropischen Lateinamerika und weiten Teilen Indiens und Südostasiens um 10% bis 15% bedeuten - und dies wiederum bedeutet Hungersnot für einen ähnlichen Anteil der Menschen. Es wird vorausgesagt, dass Malaria und andere Tropenkrankheiten weitere Millionen befallen werden. 

The Carbon War führt eine Reihe von Statistiken an. Die 14 wärmsten Jahre in 138 dokumentierten Jahren (bis 1998) waren alle seit 1980, und die globale Durchschnittstemperatur liegt 0,7 °C höher als vor 100 Jahren. Eine umfangreiche holländische Studie von 1996 stellt fest, daß die weltweiten Emissionen kurzfristig unter Kontrolle gebracht werden müssen und ein Temperaturanstieg von 2 °C nicht überschritten werden darf: Alles was darüber liegt wäre ein zu hohes Risiko für das Klima und das Leben selbst. Dazu müssten die Industrieländer ihren Ausstoß bis 2010 um 19% bis 46% der Mengen von 1990 verringern. 

Außerdem weist ein Computermodell des britischen Wetteramtes von 1998 darauf hin, dass viele tropische Wälder ohne eine tiefgreifende Verringerung der Emissionen in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts sterben werden - und dies würde zu einer Eskalation des Treibhauseffekts führen. 

Während Leggett, andere Naturwissenschaftler, Greenpeace und sonstige Umweltschützer die Regierungen, die Industrie und die Öffentlichkeit beschwörten, endlich aufzuwachen, wuchs in ihnen mehr und mehr die Überzeugung, dass Treibhausgase den weltweiten Temperaturanstieg verursachten. Doch sie entdeckten, dass sie gegen ungeheuer mächtige und skrupellose Interessen antraten. Laut Leggetts Prognose wird die Zeit für das empfindliche Gleichgewicht des Weltklimas jedoch zusehends knapp. The Carbon War ist ein persönliches Tagebuch eines achtjährigen, verbissenen Kampfes hinter den Kulissen für die dringend notwendige Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen. 

Das Buch zeichnet einen langwierigen und schmerzhaften Kampf gegen erbitterten Widerstand nach. Leggett berichtet von immer besorgniserregenderen Erkenntnissen über den Treibhauseffekt, zum Beispiel der Erklärung der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe IPCC von 1990, sie sei „sicher“, dass die globale Erwärmung eine künftige Realität sei - wenn die Treibhausgase nicht reduziert würden. 

Doch gleichzeitig war die Global Climate Coalition (GCC) [Globale Klimakoalition] allgegenwärtig und versuchte, einflussreiche Menschen zu gewinnen. Diese Koalition repräsentiert 55 Unternehmen und Handelsverbände (einschließlich der ungeheuer mächtigen Öl- und Automobilbranche) und versucht, Resolutionen und Berichte, die den Interessen ihrer Mitglieder zuwiderliefen, umzukehren, umzudeuten oder zu verwässern - durch ihren „Kohlenstoffclub“, wie Umweltschützer sie nannten. 

KIOTO - FORTSETZUNG FOLGT 

Leggett berichtet, daß die zehntägige Konferenz, die Ende 1997 in Kioto stattfand, für Umweltschützer und für die Industrie ein entscheidender Moment im Krieg um die Eindämmung der Treibhausgase und der globalen Erwärmung war. Die Abordnungen waren in Kampfstärke angetreten: 1500 Staatsdiener, 3600 Beobachter aus der Wirtschaft, Umweltschutz- und zwischenstaatliche Organisationen sowie 3500 Journalisten. Eine Vereinbarung zu erreichen, die irgendeine Bedeutung hatte, hing am seidenen Faden - und mit ihr die Hoffnungen von Umweltschützern wie Leggett. 

Die New Yorker-Vereinbarung von 1992, weiterentwickelt beim Berliner Klimagipfel 1995, sah vor, daß die 20% der Weltbevölkerung, die 80% der Kohlenstoffgase verursachen - nämlich die Industrienationen, allen voran die USA - bei der Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen vorangehen sollten. 

Nach erfolgreicher Lobbyarbeit im amerikanischen Kongress schien der „Kohlenstoffclub“ jedoch in Reichweite eines Sieges zu sein und damit die Emissionsbeschränkungen und -senkungen in den reicheren Industrieländern zu torpedieren - und das wahrscheinlich auf Jahre hinaus. 

Scheinbar gegen alle Hoffnungen schwenkte das entscheidende Verhandlungsteam der USA auf die Richtung der anderen modernen Industrienationen ein und gab fast buchstäblich in letzter Minute seine Forderung nach unverzüglicher Beteiligung der Entwicklungsländer an Emissionssenkungen auf. 

In bewegenden Worten schildert Leggett die überwältigende Erleichterung nach dem letzten Verhandlungsmarathon: „Der Applaus war lang und laut. Auf der Tribüne umarmten sich gestandene UN-Amtsträger. Auf dem Verhandlungsparkett weinten erfahrene Diplomaten, wie ich später erfuhr“ (The Carbon War S.321). 

Und so erfuhr das empfindliche Gleichgewicht unseres Planeten mit der Annahme des Kioto-Protokolls in den Augen der Umweltschützer den Hauch einer Hoffnung. Trotzdem fragen sie sich: Wird die Welt sich rechtzeitig von Energien auf Kohlenstoffbasis abkoppeln, um eine irreversible Katastrophe zu verhindern? Leggett schließt sein Buch mit der Frage: „Die Revolution der Sonnenenergie kommt. Sie ist jetzt unvermeidlich. Die einzige unbeantwortete Frage lautet: Wird sie rechtzeitig kommen?“ (S. 328). 

Vielleicht wird unser drittes Buch, Natural Capitalism, diese Frage erhellen. 

UMWELTVERSCHMUTZUNG IST ZU TEUER 

Die zentrale These in Natural Capitalism ist, dass wir uns weiterhin vormachen werden, wir könnten unseren Planeten ungestraft verschmutzen, bis es zu spät ist - wenn wir nicht die wahren Kosten der natürlichen Rohstoffe erkennen und beginnen, diese Kosten bei unserem Gebrauch und Missbrauch dieser Ressourcen zu berücksichtigen. 

Das Buch schildert, wie lächerlich die Maßnahmen des kapitalistischen Systems wirklich sind. Es liefert erschütternde Zahlen darüber, welcher Reichtum allein in den USA verschwendet und vertan wird. Von 9 Billionen Dollar, die jährlich ausgegeben werden, werden nach der Schätzung der Autoren 2 Billionen verschwendet. Verschwendung definieren sie als etwas, aus dem der Käufer keinen Wert bezieht, vielleicht sogar einen unerwünschten Effekt. Hawken und die Lovins' führen eine lange Liste von Beispielen an, zusammen mit einigen der Folgekosten. Dazu gehören Verkehrsstaus, Autobahnunfälle, Krankheitskosten, Sachschäden, entgangene Steuereinnahmen, umweltbedingte Krankheiten (Krebs zum Beispiel) und die unvermeidlichen Kosten des importierten Öls. 

Laut Natural Capitalism werden jährlich fast eine Million [US-] Pfund (453590 kg) durch oder für jeden Einwohner der USA an Material verschwendet. 

Laut Natural Capitalism werden jährlich fast eine Million [US-] Pfund (453 590 kg) durch oder für jeden Einwohner der USA an Material verschwendet. Das umfasst so unterschiedliche Güter wie vergeudete Nahrungsmittel, Sondermüll, Styropor und Bauschutt. Hinzu kommt der Anteil jeder Person an den 3,3 Billionen Tonnen Kohlenstoff in Kohlendioxidemissionen. 

Hawken und die Lovins' schätzen, dass es die Ressourcen zweier weiterer Erden erfordern würde, die gegenwärtige Weltbevölkerung auf den Lebensstandard der USA und Kanadas zu bringen, drei weitere, um die Bevölkerung zu verdoppeln, und 12 weitere, wenn der Lebensstandard sich in den nächsten 40 Jahren verdoppeln würde. 

Und der Rest der Welt ist in einer immer schneller werdenden Aufholjagd. Diesen Trend bezeugt Earth Odyssey ebenso wie Natural Capitalism. Es dauerte ein Jahrhundert, bis sich das britische Pro-Kopf-Einkommen in der Industriellen Revolution verdoppelte. In den USA dauerte es nach der Industrialisierung nur 50 Jahre. In Korea dauerte es 25 Jahre. Vor kurzem erreichte China das Gleiche in 9 Jahren. 

DER FAKTOR UMWELT 

Die Menschheit hat ein in 3,8 Milliarden Jahren aufgebautes natürliches Kapital geerbt. Bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit des Verbrauchs und der Verschlechterung wird am Ende des 21. Jahrhunderts wenig davon übrig sein“ (Natural Capitalism S. 3). Mit dem Konzept des natürlichen Kapitalismus wollen die Autoren die Wegwerfgesellschaft überzeugen, begrenzten Ressourcen einen realen finanziellen und moralischen Wert beizumessen. Zu diesen Ressourcen zählen natürliche Schätze wie Böden, Luft, Wasser und Mineralien ebenso wie Flora und Fauna. 

Eine zentrale These besagt, dass wir für die Dienste von lebenden Systemen, für die es keinen bekannten Ersatz gibt, keinen Preis nennen können. Dennoch gibt es Schätzungen, nach denen das, was die Erde uns liefert, etwa 36 Billionen Dollar pro Jahr wert ist - fast so viel wie das jährliche Weltbruttosozialprodukt von 39 Billionen Dollar. 

Ausgehend davon, dass eine Abkehr vom herkömmlichen Kapitalismus eine neue Art des Denkens erfordert, stellt das Buch vier zentrale Strategien vor. 

Die erste ist die radikale Produktivität der Ressourcen, der Eckstein des natürlichen Kapitalismus. Durch die verlangsamte Ausschöpfung (weniger Verbrauch) an einem Ende der Kette und die drastische Verringerung der Umweltverschmutzung am anderen entsteht ein dritter Vorteil: sinnvolle Arbeit. 

Die zweite ist das revolutionäre, aber logische Konzept der Biomimikri. Wenn eine Spinne, die sich von Fliegen und Grillen ernährt, Seide produzieren kann, die so stark wie Kevlar, aber viel reißfester ist - und wenn Kieselalgen aus Meerwasser Glas machen können, fragen die Autoren, warum brauchen wir dann kochende Schwefelsäure und Hochtemperaturstrangpressen? Ihrer Schätzung nach werden in der amerikanischen Wirtschaft nur aus 6% der riesigen Materialflüsse tatsächliche Produkte - ganz eindeutig eine unglaubliche Verschwendung. 

Als drittes plädieren Hawken und die Lovins' für eine Dienstleistungs- und Umlaufwirtschaft. Dazu gehört ein radikaler Wechsel von Gütern und Käufen zu dem, was sie „Service and Flow“ (Dienstleistung und Umlauf) nennen. Wenn Dienstleistungen und Nutzen anstelle von Erwerb zum Maß der Zufriedenheit werden, wird Wohlergehen möglicherweise den Vorrang vor bloßem Besitz erhalten. 

Das vierte Konzept des Investierens in natürliches Kapital geht von der Erkenntnis aus, dass die weltweite Erschöpfung des natürlichen Kapitals umgekehrt werden sollte. Statt die Erde auszubeuten, sollten wir ihr etwas zurückgeben; die Autoren nennen das einen „positiven Kreislauf“. 

Die Wirtschaft kann nur dann als verlässlicher Führer funktionieren, wenn auch das natürliche Kapital in den Bilanzen von Unternehmen, Ländern und der Welt berücksichtigt wird. Das derzeitige kapitalistische System beruht auf Buchhaltungsprinzipien, die jedes Unternehmen in den Ruin treiben würden“ (S. 61). Die Wirtschaftstheorie müsse dahingehend verändert werden, dass der Wert des menschlichen und natürlichen Kapitals in die Analyse einbezogen wird. 

Natural Capitalism ist positiv in seiner Prognose. Es will eine glaubwürdige Alternative zur zerstörerischen Verschwendung der Industrie anbieten. Mit Produktivität der Ressourcen (bessere Konstruktion, weniger Material, Vermeidung von Abfall und Umweltverschmutzung) lassen sich unerwartet große Verbesserungen erzielen. Verantwortung für die Umwelt steht nicht im Widerspruch mit den zentralen Werten der Wirtschaft; die unfassbaren Effizienzmängel der Abfallentsorgung und Umweltverschmutzung sind vielmehr fast immer teurer als die Schritte zu ihrer Vermeidung. 

Meta-Industrieingenieure schaffen Industrieparks 'Null-Emission' - industrielle Ökosysteme, in denen jedes Unternehmen die ungiftigen und nützlichen Abfallprodukte eines anderen nutzt. Architekten und Bauunternehmen schaffen solche Strukturen, die ihr Abwasser selbst aufbereiten, Licht einfangen, Energie produzieren und Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie Wohlstand für die Kommune bieten, während gleichzeitig die Produktivität, Arbeitsmoral und Gesundheit der Arbeitskräfte verbessert wird“ (S. 16). 

BLICK IN EIN VIERTES BUCH 

Earth Odyssey und The Carbon War sind lesbare und trotzdem beunruhigende Bücher, die auf verschiedene Weise darlegen, wie dringend die Menschheit es todernst damit meinen muss, die Umwelt hinter sich aufzuräumen. 

Hertsgaard ist der Ansicht, dass die Zeitspanne zwischen Ursache und Wirkung ein Strick ist, an dem wir uns offenbar kollektiv aufhängen wollen. Gleichzeitig sagt uns Leggetts The Carbon War, dass Klimaveränderung, Ozonschwund und Bevölkerungswachstum inzwischen gefährlich nah an dem Punkt sein könnten, wo sie nicht mehr anzuhalten oder rückgängig zu machen sind. Selbst wenn die Erosion der Ozonschicht jetzt aufhörte, fürchten manche, daß sie sich jahrzehntelang nicht erholen werde. 

Natural Capitalism ist ein optimistischeres und eher visionäres Buch; es illustriert, dass es durchführbare Alternativen zu den unerträglichen Lasten gibt, die wir uns und unserem Planeten auferlegen. Aber wird der Wandel im Denken und in der wirtschaftlichen und industriellen Praxis schnell genug und von genügend wichtigen Leuten vollzogen werden, um den entscheidenden Unterschied zu machen? 

Doch welche Lösungen diese drei Bücher auch vorschlagen: der künftige drastische Wandel, den ein anderes Buch - die Bibel - beschreibt, wird der notwendigste und folgenreichste von allen sein: der Wandel des menschlichen Herzens und Geistes. Mit dieser prophezeiten Verwandlung geht die Verheißung einher, dass auch die Umwelt erneuert und wiederhergestellt werden wird. „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun. ... Und man wird sagen: Dies Land war verheert, und jetzt istës wie der Garten Eden, und diese Städte waren zerstört, öde und niedergerissen und stehen nun fest gebaut und sind bewohnt. Und die Heiden, die um euch her übriggeblieben sind, sollen erfahren, daß ich der HERR bin, der da baut, was niedergerissen ist, und pflanzt, was verheert war. Ich, der HERR, sage es und tue es auch“ (Hesekiel 36, 26-27. 35-36). 

Es ist gesagt worden, dass Probleme nicht innerhalb der Denkweise derer lösbar sind, die sie geschaffen haben. Wenn dies so ist, dann braucht diese Welt verzweifelt eine andere Denkweise. Und das ist es genau, was Gott zu geben vorhat. 

Vision - Journal for a New World versucht zu zeigen, daß wir auf persönlicher Ebene schon jetzt die Vorteile einer solchen Denkweise erleben können.