Eine Scheidungskultur

Zunehmend sind Paare heutzutage gewillt, die Qualen der Beendigung einer Ehe auf sich zu nehmen - eine Tatsache, die nach Expertenmeinung unsere Gesellschaft umgestalten wird.

Statistiken (Angaben bezogen auf die USA) belegen, dass heute höchstwahrscheinlich 45 Prozent der ersten Ehen zerbrechen werden und 60 Prozent der Zweitehen. Diese Zahlen bestätigen eigentlich nur, was wir (überall auf der Welt) bereits wissen: Scheidungen haben nicht nur zahlenmäßig zugenommen, sondern erfreuen sich auch zunehmender Akzeptanz. Sogar wer sich gar nicht mit diesen Zahlen beschäftigt, weiß, dass heute weit mehr Ehen in Scheidung enden als noch vor einigen Jahrzehnten.

Scheidung ist heute so vorherrschend, ein solch akzeptabler Teil des sozialen Gewebes unserer westlichen Kultur, dass wir uns fragen müssen, ob wir vielleicht einige ziemlich bedeutsame Entwicklungen, die mit dieser Zunahme einhergingen, nicht bemerkt haben? Was bedeutet es zum Beispiel für eine Gesellschaft (in diesem Beispiel die amerikanische), wenn 25 Prozent der Menschen im Alter von 18 bis 44 Jahren geschiedene Eltern haben? In den Neunzigerjahren bestanden nur noch 26 Prozent der US-Haushalte aus verheirateten Paaren mit Kindern.

Der Trend in Deutschland entspricht dem in vielen Teilen. Nach dem Bericht über die demographische Lage in Deutschland 2000, herausgegeben vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, wird neuerdings jede dritte Ehe geschieden. Die Scheidungsrate in Westdeutschland hat sich von ca. 12 % im Jahre 1965 auf 37,9% im Jahre 1998 erhöht. Von den 1998 geschiedenen Ehen hatten 52 Prozent minderjährige Kinder. Nur 45,37 % der Altersgruppe von 25-44 Jahre sind verheiratet und haben Kinder.

Diese Zahlen repräsentieren einen gewaltigen sozialen Wandel - eine Entwicklung in einer relativ kurzen Zeitspanne von 40 Jahren, die den grundlegenden Baustein der Gesellschaft umgestaltet hat. Scheidungen verändern die Institution der Ehe und Familie auf eine Weise, wie dies bisher noch nicht völlig realisiert wird. Auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse ist es den Experten auf diesem Gebiet immerhin möglich, anzumerken, dass die zunehmende Toleranz von Scheidungen grundlegende Veränderungen in unseren Vorstellungen von Ehe und Familie hervorgebracht hat.

Es ist beileibe nicht so, dass Ehen im 18. und 19. Jahrhundert perfekt waren und dass wir erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts vom Wege abgekommen sind. (Lesen Sie dazu auch unseren Artikel: „Die Ehe - Geheimnis und Sinn“). 

Es ist sicherlich interessant, einen Blick auf die Entwicklungen in der Gesellschaft zu werfen, die den Nährboden bereiteten, auf dem die Bereitschaft zu Scheidungen wesentlich schneller wachsen konnte.

Wie immer man den Zustand der Institution Ehe in früheren Zeiten auch beurteilen mag, eines ist zweifelsfrei dokumentiert: Eine gewaltige Veränderung der traditionellen Rollen von Mann und Frau im Verlauf der Industrialisierung und Urbanisierung des 20. Jahrhunderts. Zusätzlich hat der Zweite Weltkrieg die Frauen vermehrt in die Arbeitswelt gedrängt, mussten sie doch die an der Front eingesetzten Männer ersetzen. Neue Methoden der Geburtenkontrolle ermöglichten den Frauen die Kontrolle ihrer Fruchtbarkeit und damit eine lange ersehnte größere Unabhängigkeit in ihrer Lebensplanung. Allgemein erlangten Frauen mehr Einfluss auf Entscheidungen in Familienangelegenheiten, da sie nun ebenso wie ihre Männer auch außerhalb des Heimes arbeiteten. Diese Entwicklungen wurden noch vorangetrieben durch verschiedene soziale Bewegungen für Menschenrechte, feministische Anliegen und Selbstverwirklichung.

Diese gesellschaftlichen Veränderungen brachten Freiheiten (speziell für die Frauen) mit sich, die frühere Generationen nicht gehabt hatten. Was jedoch leider damit einherging, war ein Abnehmen der Entschlossenheit, eine Ehe aufrechtzuerhalten und sie funktionsfähig zu machen. Es entwickelte sich zunehmend eine Haltung, viel schneller aufzugeben, wenn es Schwierigkeiten in der Ehe gab. Frauen, die außerhalb arbeiteten, erlangten damit natürlich auch eine gewisse ökonomische Freiheit. Dies wiederum führte in vielen Fällen zu einer geringeren Bereitschaft (und Notwendigkeit), eheliche Schwierigkeiten zu lösen. Die Rückendeckung, die ein gewachsenes, gemeinsam erworbenes Haushaltseinkommen lieferte, bot andererseits manchen Männern einen willkommenen Ausweg, sich in Bezug auf die Ehe weniger persönlich verantwortlich und verpflichtet fühlen zu müssen.

Die hier beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungen sind natürlich nicht die eigentliche Ursache der Eheprobleme, die letztendlich Scheidung als einzige Lösung erscheinen lassen; es sind dies jedoch Vorbedingungen, die zur Entwicklung in Richtung unserer Scheidungskultur beigetragen haben.

Betrachten wir nun die „Ich und Jetzt-Generation“ der 60er- und 70er-Jahre. Sie sagte unverhohlen: „Warum überhaupt in einer schwierigen Beziehung bleiben? Mach dich davon! Finde, was immer dir Glück verspricht.“ Unter solchen Vorzeichen ist es nicht verwunderlich, dass sich die Scheidungsrate in den 70ern verdoppelte - die damalige junge Generation trug den Löwenanteil dazu bei. Diese Generation hatte Ansichten entwickelt, die von denen ihrer Eltern ziemlich entfernt waren, besonders in Bezug auf Treue, Keuschheit und Verantwortungsbewusstsein. Der bekannte Kolumnist Kerby Anderson zitiert Zahlen der Stanford University, nach denen 20- bis 30jährige Männer und Frauen in den 60er- und 70er-Jahren zwar nur 20 Prozent der Bevölkerung ausmachten, diese jedoch zu 60 Prozent für die Zunahme der Scheidungen verantwortlich waren.

FESTE GRUNDLAGEN 

Ein weiterer bedeutsamer Faktor, der allgemein in der Diskussion über das Zerbrechen von Ehen übersehen wird, ist die „schuldlose“ Scheidung. Nach Andersons Meinung waren die Gesetze, die sich auf die Ehe bezogen „historisch ... auf dem traditionellen jüdisch-christlichen Glauben aufgebaut, dass die Ehe für das Leben abgeschlossen wurde. Die Ehe war als permanente Institution gedacht. Aus diesem Grunde wurde der Wunsch nach einer Scheidung nicht als in sich gerechtfertigt angesehen. Gesetzlich mussten die Gründe für eine Scheidung Umständen entspringen, die es rechtfertigten, eine Ausnahme von der ansonsten geltenden Annahme einer Dauerhaftigkeit der Ehe zu machen. Der Ehepartner, der eine Scheidung wollte, musste beweisen, dass der andere Ehepartner einen der ,Fehler' begangen hatte, die als Rechtfertigung einer Auflösung der Ehe anerkannt waren. In den meisten Fällen waren die klassischen Gründe für eine Scheidung Grausamkeit, Vernachlässigung und Ehebruch.“

Mit anderen Worten: Das Gesetz fungierte als eine Art Bremse. Die grundsätzliche Prämisse in diesem auf Schuld basierenden System der Scheidungsgesetze war, dass die Ehe eine spezielle Institution sei, die geschützt werden müsse. Diese gesetzliche Basis wurde durch die veränderte Betrachtung der Ehe in der Gesellschaft zunehmend in Frage gestellt. Im Jahre 1969 setzte der Staat Kalifornien einen Präzedenzfall unter dem damaligen Gouverneur Ronald Reagan, indem er beschloss, die schuldlose Scheidung zuzulassen. Heute gilt dies de facto in allen Staaten der (amerikanischen) Union als Gesetz (sowie auch in den meisten Ländern der westlichen Welt). Die Legislative löste die Bremse - die daraus resultierende Wirkung wurde überall spürbar.

Wie bei den meisten tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft nahmen die Menschen natürlich an, dass dies zum Besseren gereichen würde. Alle diejenigen, die sich in miserablen, lieblosen Beziehungen gefangen sahen, konnten nun eine unglückliche Ehe beenden, ohne sich der Bürde oder unerfreulichen Aufgabe stellen zu müssen, die Schuld des anderen beweisen oder Vorwürfe ausbreiten zu müssen.

Judith Wallerstein, im Ruhestand befindliche Lektorin an der University of Berkeley's School of Social Welfare, schreibt in ihrem 2000 herausgegebenen Buch The Unexpected Legacy of Divorce (Das unerwartete Erbe der Scheidung): „Das vorherrschende Meinungsklima war, dass Scheidung es Erwachsenen ermöglichen würde, eine bessere Wahl zu treffen und glücklichere Ehen zu haben, indem man zuließ, frühere Fehler zu revidieren. Sie würden eine ehrliche, gemeinsame Entscheidung für eine Scheidung treffen, da, wenn einer der beiden hinaus wollte, nicht mehr viel von einer Ehe übrig sein konnte. Die Einstellung wurde von vielen geteilt, von Männern und Frauen unterschiedlicher politischer Überzeugungen, von Anwälten, Richtern sowie auch von Experten für geistige Gesundheit.“

Wir haben radikale Veränderungen in der Familie vorgenommen, ohne zu realisieren, wie dies die Erfahrungen der Aufwachsenden verändern würde.“

Judith Wallerstein, The Unexpected Legacy of Divorce

Es klingt alles so vernünftig - mit Ausnahme eines sehr wichtigen Details: Aus Ehen gehen normalerweise Kinder hervor. Frau Wallerstein fragt: „Aber was ist mit den Kindern? In unserem Drang, das Leben von Erwachsenen zu verbessern, haben wir einfach angenommen, dass sich deren Leben ebenso verbessern würde. Wir haben radikale Veränderungen in der Familie vorgenommen, ohne zu realisieren, wie dies die Erfahrungen der Heranwachsenden verändern würde.“

In ihrem Bestreben, schwierige Situationen für sich selbst zu vermindern, haben Erwachsene sich eingeredet, dass Kinder glücklicher sein würden, wenn die Eltern glücklicher sind. Sie argumentierten auch damit, dass Scheidung nur eine vorübergehende Krise sei, wo das meiste Leid zur Zeit der Trennung auftrete und sich mit der Zeit die Kinder daran gewöhnten, wenn die Eltern nur alles „einvernehmlich“ lösen würden.

Beide Annahmen werden jedoch heute ernsthaft in Frage gestellt. Zum Beispiel von dem UCLA-Soziologen Nicholas Wolfinger. Er behauptet, dass „der kumulative Stress, ausgelöst durch neue Elternteile, die im Leben eines Kindes auftreten und wieder verschwinden, später seine eigene Ehe-Geschichte als Erwachsener zu beeinflussen scheint“. Frau Wallerstein ist in Bezug auf den Einfluss von Scheidung auf Kinder sogar noch deutlicher: „Scheidung ist eine lebensverändernde Erfahrung. Nach einer Scheidung ist die Kindheit nicht mehr dieselbe. Das Heranwachsen ist anders. Das Erwachsensein, mit der Entscheidung zu heiraten oder nicht zu heiraten, ist anders. Ungeachtet, ob nun das Endergebnis gut oder schlecht ist: die gesamte Laufbahn eines Lebens wird durch die Erfahrung einer Scheidung entscheidend abgeändert.“

Ungeachtet, ob nun das Endergebnis gut oder schlecht ist: die gesamte Laufbahn eines Lebens wird durch die Erfahrung einer Scheidung entscheidend abgeändert.“

Nicholas Wolfinger

EIN URALTES PROBLEM 

Es ist einer Betrachtung wert, dass das Wissen über die schädigende Auswirkung einer Scheidung auf Kinder schon 400 Jahre vor Christus dokumentiert wurde. Die entsprechenden Informationen finden wir im „Buch der Bücher“ - der Bibel. Es ist nicht zu leugnen, dass Scheidungen heutzutage überhand nehmen und Kinder dadurch in Gefahr geraten. Sollten wir deshalb nicht einer solchen Quelle unsere Aufmerksamkeit schenken? Bevor Sie das nachfolgend in der Bibel Aufgezeigte vielleicht voreilig als für das gegenwärtige Leben als nicht relevant ansehen, lassen Sie uns die entsprechenden Belege betrachten und sehen, ob sie nicht doch für die heutige Zeit gültig scheinen.

Im biblischen Buch Maleachi, Kapitel 2, Vers 16 (Menge-Übersetzung) wird uns mitgeteilt, dass Gott Ehescheidung hasst. Da erhebt sich natürlich die Frage: Warum?

Das Buch Maleachi ist eine Botschaft an die Nation Israel und ist beides, historisch und prophetisch. Beide Teile der Nation (das Haus Israel und das Haus Juda) sind vorher wegen ihrer Zurückweisung von Gottes Weg in Gefangenschaft geraten. Einem Überrest des Stammes Juda wurde erlaubt, nach Jerusalem zurückzukehren und die Stadtmauern und den Tempel wieder aufzubauen. Ursprünglich hatten sie sich mit großem Enthusiasmus diesen Projekten gewidmet, aber mit der Zeit, im Angesicht von Hindernissen und Opposition, waren sie in eine laxe Haltung in ihrer Beziehung zu Gott geraten. Maleachi wendet sich gegen diese Haltung.

Im Mittelpunkt dieser Diskussion steht ein Bund, den Gott mit Israel am Berg Sinai geschlossen hatte; dort hatte die Nation den Bedingungen zugestimmt - den Regeln eines Bundes, der einem Ehebund gleichkam. Sie waren nun dabei, diesen Vertrag zu missachten, der auf dem Gesetz Gottes basiert war: „Ihr dagegen seid vom rechten Wege abgewichen, habt viele durch eure Unterweisung (oder Gesetzesauslegung) zu Fall gebracht und den Bund mit Levi verderbt“ (Maleachi 2, 8; Menge-Übersetzung). Es gab viele Punkte, in welchen sie den Bund gebrochen hatten; ein Bereich, den Maleachi klar definiert, ist die Ehe.

Die Ehe ist ein Bund. Sie ist nicht von Gott unabhängig. Er ist Zeuge der Übereinkunft: „... weil der Herr Zeuge gewesen ist (bei dem Bunde) zwischen dir und dem Weibe deiner Jugend, dem du die Treue gebrochen hast, obschon sie deine Lebensgefährtin und durch feierlichen Bundesschluß deine Gattin war“ (Vers 14; Menge-Übersetzung; Betonung hinzugefügt). Eine Ehe, in der Jugend eingegangen, sollte bis ins hohe Alter reichen. Diese Passage drückt auch aus, dass eine Frau nicht minderwertig ist, sondern eine Lebensgefährtin, an der ein Ehemann sich erfreuen sollte.

EINS UND EINS IST DREI 

Es gibt einen wichtigen Aspekt, den die meisten, die eine Scheidung vorhaben, nicht in Betracht ziehen. Eine Ehe setzt eine sexuelle Vereinigung voraus, und diese Vereinigung ist im richtigen Fall weit mehr als eine bloße physische Erfahrung - sie ist auch eine Vereinigung von Sinn und Geist. Es geschieht etwas im Sinn, was zwei Menschen dazu veranlasst, wirklich „ein Fleisch“ zu werden (1. Mose 2, 24; Mt. 19, 5).

Diese Beziehung zwischen Mann und Frau ist für eine gesunde Familienbeziehung essentiell. „Ein wesentliches Ergebnisse meiner Forschung“, sagt Frau Wallenstein, „ist die Tatsache, dass sich Kinder nicht nur mit ihrer Mutter oder ihrem Vater als separate Individuen identifizieren, sondern durch die Beziehung zwischen ihnen. Sie tragen die Schablone dieser Beziehung in ihr Erwachsenenleben und sie dient ihnen als Muster für ihre eigene neue Familie.“

Dies deckt sich genau mit der Botschaft Maleachis, wo Gottes Ablehnung von Scheidung (Vers 16; Menge-Übersetzung) mit den Auswirkungen auf die Kinder verbunden wird: „... Denn er sucht Nachkommen, die Gott geheiligt sind. Darum so seht euch vor in eurem Geist, und werde keiner treulos dem Weib seiner Jugend“ (Maleachi 2, 15).

Die Beziehung eines Ehebundes ist darauf ausgelegt, Kinder hervorzubringen und ihnen eine physische und mentale Versorgung zukommen zu lassen, die ein junger, sich entwickelnder Verstand benötigt.

Mary Hirschfeld schreibt in ihrem Buch Adult Children of Divorce Workbook (Handbuch für erwachsene Scheidungskinder): „Es gibt nichts, das mehr schmerzt, als die Wunden, die uns von den wichtigsten Menschen unserer Kindheit zugefügt werden, von Vater und Mutter, weil dadurch ein Versprechen gebrochen wird, das unausgesprochen vom Leben selbst erwartet wird, nämlich fortlaufende Sicherheit und Fürsorge zu gewähren. Ich glaube, dass die meisten Menschen unbewusst daran glauben, dass eine Mutter und ein Vater, wenn sie ein neues Leben schaffen, eine stillschweigende Übereinkunft eingehen, die Familie als eine Einheit zu erhalten und da zu sein, um die Kinder zu leiten, bis sie die Welt der Erwachsenen erreicht haben. Wenn Eltern dies tun ... erzeugt dies Vertrauen und ermöglicht es den Kindern, ein gesundes Fundament zu bauen, um für alle Aufgaben des Lebens gerüstet zu sein.“

Dies genau ist die Basis der Vorwürfe Gottes gegen Israel. Sie haben durch ihre Demontage der Ehebeziehung die Sicherheit künftiger Generationen zerstört - und genau dies tun wir auch! 

GESELLSCHAFTLICHE UMGESTALTUNG 

Frau Wallersteins 25-jährige Studie hat sie von den langfristigen Auswirkungen von Scheidung zutiefst überzeugt. „Außerdem“, sagt sie, „indem ich das Leben eines Scheidungskindes verfolgt habe, und das von vielen, vielen anderen - angefangen mit der frühen Kindheit, durch die Jugend bis hin zu den Herausforderungen des Erwachsenseins -, kann ich ohne Zweifel behaupten, dass diese Ängste haben, abseits von denen ihrer Altersgenossen, die aus intakten Verhältnissen kommen. Diese Ängste führen zu einer Umgestaltung unserer Gesellschaft, und zwar in einer Art und Weise, wie wir es uns nicht hätten träumen lassen.“

Sie meint nicht, dass diese Umgestaltung im Resultat positiv sei. „Die geschiedene Familie ist nicht eine verstümmelte Version einer Zwei-Eltern-Familie“, sagt sie, „sie ist eine andere Art Familie, in welcher sich Kinder weniger beschützt fühlen und weniger sicher über ihre Zukunft wie Kinder in einigermaßen intakten Familien. ... Außerdem verursacht eine Scheidung radikale Veränderungen in der Eltern-Kind-Beziehung, die sich gegen unser gegenwärtiges Verständnis richten. Die Elternrolle, losgelöst von den Verankerungen in einem Ehebund, ist oft weniger stabil, mehr unbeständig und bietet Kindern weniger Schutz.“ Scheidung schwächt den grundlegendsten Baustein einer Gesellschaft. Scheidungskinder sind mehr oder weniger alle davon betroffen, und sie tragen diese Auswirkungen in ihr Leben als Erwachsene und damit in der Folge in die nächste Generation.

Nachdem ich die letzten dreißig Jahre damit zugebracht habe, überall hin zu reisen, um mit Experten zu sprechen, mit Gruppen für juristische und Gesundheitsfragen sowie mit Tausenden von Eltern und Kindern in geschiedenen Familien“, bemerkt Frau Wallerstein, „ist mir klar, dass wir eine neue Art Gesellschaft kreiert haben, die es noch nie in der menschlichen Kultur gegeben hat. Stillschweigend und unbewusst haben wir eine Scheidungskultur geschaffen.“

Es ist klar, dass wir eine neue Art Gesellschaft kreiert haben, die es noch nie in der menschlichen Kultur gegeben hat.“

Judith Wallerstein, The Unexpected Legacy of Divorce

Diese neue Kultur betrifft einen weit größeren Kreis von Menschen, als wir vielleicht annehmen. Die Schriftstellerin Holly Preston zeigt zum Beispiel auf, dass „Scheidung auch für erwachsene Kinder hart ist“. Frau Preston ist 34, verheiratet und Mutter. Ihre Eltern wurden vor kurzem geschieden. Gemäß der allgemein akzeptierten Aussagen der Psychologie in Bezug auf die Auswirkung einer Scheidung sollte dies für eine sichere, glücklich verheiratete 34-jährige Frau kein großes Problem darstellen. Sie kommentiert allerdings: „Gegen den allgemeinen Glauben ist Scheidung nicht ein bisschen leichter oder weniger schmerzhaft für jemanden, der schon ein erwachsenes Kind ist. ... Der Verlust der ursprünglichen Familieneinheit und die damit verbundene Hoffnung ist für ein Kind oft unersetzbar. ... Es wird mir nie gelingen, die Leere, die entstanden ist, auszufüllen. Es ist wie die Trauer über jemanden, der gestorben ist, den ich geliebt habe und nun schrecklich vermisse“ (Newsweek, 4. September 2000).

WARNUNG UND VERSPRECHEN 

Wie vorher angeführt, hat der Prophet Maleachi nicht nur in historischem Sinn gesprochen, sondern auch in einem prophetischen. Seine Botschaft schließt mit einer Warnung und einem Versprechen voll Hoffnung. Als das Volk Israel die Warnung, seine Wege zu ändern, nicht ernst genommen hatte, trudelte seine Gesellschaft nach unten.

Dieselbe Warnung gilt uns heute. Die Zersplitterung und Destabilisierung unserer Gesellschaft wird weitergehen; die „Scheidungskultur“ wird ihren Zoll verlangen. Scheidung verändert die grundsätzliche Natur einer Ehe, und wenn der Trend nicht gestoppt wird und unsere Herzen einander zugewandt werden und zu unseren Kindern, wird diese „neue Art Gesellschaft“ in Gefahr sein, gleich wie das alte Israel.

Was wir tun müssen, ist den Trend umkehren. Jeder in seiner Familie. Scheidung muss zu einer Ausnahme werden. Scheidung ist eine Wahl, die zwei Menschen haben, genauso wie die Eheschließung eine Wahl ist. Scheidung ist eine Wahl, von einem oder beiden Partnern gefordert; sie ist Ausdruck eines fehlenden Willens, dem gegebenen Versprechen und der eingegangenen Verpflichtung gerecht zu werden.

Im Buch Maleachi verspricht Gott, dass er vor dem Zerfall der Gesellschaft jemanden „im Geist und in der Kraft“ des Propheten Elias senden würde, der „... das Herz der Väter bekehren [soll] zu den Söhnen und das Herz der Söhne zu ihren Vätern“ (Maleachi 3, 24). Er verspricht weiter, dass durch die Errichtung des Reiches Gottes die Heiligkeit der Ehe wieder hochgehoben werden soll und dieser elementare Baustein einer gesunden Gesellschaft wiederhergestellt werden soll.