Ein gespaltenes Haus
David wird alt, und die Intrigen und Zwistigkeiten zwischen seinen Nachkommen gehen weiter. Nach seinem Tod besteigt sein Sohn Salomo den Thron des antiken Israels. Seine Herrschaft ist friedlich, doch er erliegt seinen eigenen Schwächen – mit Folgen von großer Tragweite.
Die beiden berühmtesten Könige Israels waren Vater und Sohn. Beide herrschten jeweils 40 Jahre lang – der eine als Krieger, der andere als Mann des Friedens. Beide wurden von Gott sowohl begünstigt als auch gestraft – der eine war fähig, sich zum Positiven zu wandeln, der andere führte mit offenen Augen seinen eigenen Untergang herbei.
Davids Beziehung zu seinen verschiedenen Söhnen war turbulent und permissiv zugleich, geprägt von Verzweiflung und Vertrauen.
Davids Rückzug
Ehe sich Absalom gegen seinen Vater erhob, hatte er schon seinen älteren Bruder, Davids rechtmäßigen Erben Amnon, getötet und war nach einer Weile wieder in Davids Umgebung aufgenommen worden. Nun richtete sich sein Ehrgeiz, König zu werden, gegen David selbst. Als immer mehr Menschen seine Rebellion unterstützten, marschierte er mit ihnen auf Jerusalem, und der König floh mit kleinem Gefolge über den Ölberg in die judäische Wüste (2. Samuel 15, 12–14, 23b, 30). Unterwegs wies David den Priester Zadok und dessen Söhne an, die Bundeslade in die Stadt zurückzubringen, und bat ihn, ihm über die Entwicklungen in Jerusalem zu berichten.
Während David weiterzog, wurde ihm zugetragen, dass sich sein Berater Ahitofel, Batsebas Großvater, Absaloms Verschwörung angeschlossen hatte.
„In seinen Interaktionen mit Israels Bürgern legte Absalom höchstes soziales und politisches Geschick an den Tag.“
Der König beschloss, einen seiner Männer namens Huschai zu Absalom zu schicken; er sollte ihm seine Dienste anbieten, um den Einfluss Ahitofels als Berater zu untergraben, und seine Erkenntnisse an Zadok weitergeben (Verse 32–36).
Davids Reise weg von Jerusalem verlief nicht ohne weitere Zwischenfälle. Auf seinem Weg wurde er sowohl mit Nachrichten als auch mit Kränkungen konfrontiert: Durch einen Knecht von Sauls Enkel Mefi-Boschet erfuhr er, dass dieser sich in der Hoffnung, das Königtum in Israel für das Haus Sauls zurückzugewinnen, Absalom angeschlossen hatte. David belohnte den Knecht gebührend (16, 1–4), doch es war ein schwacher Trost dafür, von solcher Undankbarkeit zu erfahren. Hatte David nicht sein Bestes getan, um Saul und seinem Haus trotz der Feindschaft Ehre zu erweisen? Sein Schmerz wurde verstärkt, als ein weiterer Mann aus dem Hause Sauls auftauchte. Steine werfend und Beleidigungen schreiend, kam Schimi David entgegen; er warf David vor, er habe das Blut des ganzen Hauses Sauls vergossen und sei ein Bluthund. Davids Neffe Abischai wollte den Mann auf der Stelle hinrichten, doch der König befahl, ihn fluchen zu lassen – vielleicht habe Gott es ihm geboten, um den König zu demütigen (Verse 5–13).
Absaloms Niederlage
Nun kam die Zeit für Huschai, Ahitofels Rat, den Absalom für sein weiteres Vorgehen gesucht hatte, zunichtezumachen. Ahitofel hatte empfohlen, David nachzusetzen, seine geschwächte Position auszunutzen, ihn zu töten und seine Anhänger in Absaloms neue Ordnung einzugliedern. Als Absalom Huschai nach seiner Bewertung dieses Plans fragte, bekam er eine gegenteilige Meinung zu hören: Davids Spion sagte ihm, er solle ganz Israel aufrufen, sich gegen David und seine Männer zusammenzutun. So könne der Erfolg gegen Davids berüchtigte Krieger gesichert werden (17, 1–13). Absalom gefiel diese Vorstellung, aber die Wirkung auf Ahitofel war katastrophal. Er ging zu seinem Haus zurück – so gedemütigt, dass er sich das Leben nahm: „So schickte es der HERR, dass der kluge Rat Ahitofels verworfen wurde, damit der HERR Unheil über Absalom brächte.“ Unterdessen ließ Huschai David über Zadok und Abjatar wissen, was er zu erwarten hatte, sodass er den Jordan überqueren konnte (Verse 14–23).
Absalom setzte David nach und überquerte ebenfalls den Jordan; in den Wäldern von Ephraim kam es schließlich zur Schlacht. Dabei verfing sich Absaloms langes Haar in einem Baum. Joab und seine Männer sorgten dafür, dass Absalom starb und noch am selben Tag begraben wurde. Der König hatte seinen Männern jedoch befohlen, Absalom zu verschonen, weshalb sie ihm erklären mussten, warum es anders gekommen war. Davids Trauer über seinen Sohn war intensiv – so intensiv, dass sie einigen unangemessen vorkam. Sie fanden, dass ihr Erfolg, Absaloms Rebellion niedergeschlagen zu haben, nicht gewürdigt wurde (18, 5–19, 8).
„Joab aber kam zum König ins Haus und sprach: Du hast heute schamrot gemacht alle deine Knechte, die dir heute das Leben gerettet haben […], weil du lieb hast, die dich hassen, und hasst, die dich lieb haben.“
Einige der nördlichen Stämme hatten eigene Anliegen. Sie wollten im Gegenzug für ihre Unterstützung mit Ehrerbietung behandelt werden und wurden Juda gegenüber feindselig (19, 41–44). Joab übernahm bald die Aufgabe, eine andere Gruppe nordisraelitischer Feinde unter Scheba, einem Mann aus Sauls Stamm Benjamin, zu besiegen. Da der Süden noch zum König hielt, schloss Joab Frieden, nachdem Scheba von seinen eigenen Leuten hingerichtet worden war (20, 1–22).
In einer Nebenbemerkung zu dem übergeordneten Bericht erfährt man, dass David nach seiner Rückkehr nach Jerusalem den bedeutsamen Schritt ging, sich von seinen zehn Nebenfrauen zu trennen. Er versorgte sie weiter, doch er signalisierte damit einen Wandel, bei dem es bis an sein Lebensende blieb (Vers 3).
Ein Muster von Abschlüssen
Die Schlusskapitel des 2. Buchs Samuel bilden eine Art Coda zu Davids Herrschaft. Sie sind scheinbar nicht chronologisch, sondern bilden ein Muster: ein nationales Problem, das David löst (Kapitel 21), eine Liste (21), ein Gedicht (22), ein Gedicht (23), eine Liste (23), ein nationales Problem, das David löst (24).
Die erste Krise war eine dreijährige Hungersnot. David bat Gott um eine Erklärung für ihre Ursache und erfuhr, dass sie mit Sauls Ermordung bestimmter Hiwiter zusammenhing, die gemäß einer bestehenden Vereinbarung in Gibeon im Gebiet der Benjaminiter gelebt hatten (siehe Josua 9, 15). Dass Saul den Pakt mit den Nichtisraeliten gebrochen hatte, war der Grund für die Hungersnot im Land. Um das Problem zu lösen, wandte sich David an die Gibeoniter und fragte, wie er sie entschädigen könne. Sie verlangten daraufhin kein Geld, auch nicht, dass Israel jemanden verfolgte, weil sie keinen Anspruch darauf hätten. Als sie das Thema auf diese Weise angingen, warteten sie möglicherweise darauf, dass David anbot, ihnen einen Teil von Sauls Hausstand/Familie zu übergeben. Dann verlangten sie einfach, dass ihnen sieben Nachkommen des einstigen Königs zur Hinrichtung ausgeliefert würden. David stimmte zu, verschonte aber Sauls Enkel Mefi-Boschet, den Sohn Jonatans (dem er versprochen hatte, seine Nachkommen zu schützen).
Die Mutter von zwei Hingerichteten saß während der Sommermonate bei ihren Leichen und bewachte sie; offenbar ließen die Gibeoniter nicht zu, dass man sie begrub. Als David erfuhr, was sie tat, wollte er die Situation zu einem Abschluss bringen; er holte die sterblichen Überreste von Saul und Jonatan und begrub sie zusammen mit den sieben Hingerichteten im Gebiet ihrer Familie. Daraufhin nahm die Hungersnot ein Ende (2. Samuel 21, 1–14).
David wurde alt und konnte nicht mehr auf dem Schlachtfeld kämpfen. Ein Angriff der Philister – der Riesensöhne von Gat, der Heimat des Goliat, den David als junger Mann getötet hatte – brachte ihn in seinen späten Jahren in Gefahr. Angesichts seiner zunehmenden Schwäche rieten Davids Leute ihm, in Jerusalem zu bleiben, um sein Leben zu schützen und seine Königsherrschaft zu bewahren: „Du sollst nicht mehr mit uns ausziehen in den Kampf, damit nicht die Leuchte in Israel verlischt.“ In diesem Kontext stehen die Berichte von Siegen über andere riesenwüchsige Philister, von denen wenigstens einer als ein Bruder Goliats identifiziert wird (Verse 15–22; 1. Chronik 20, 5).
Innerhalb des Musters der Schlusskapitel kommt in zwei poetischen Stücken (Kapitel 22 und 23, 1–7) Davids Dankbarkeit gegenüber Gott für dessen Wirken in seinem Leben zum Ausdruck, eine Passage soll seine letzten Worte wiedergeben. Vielleicht war dies seine letzte poetische Äußerung, denn direkt vor seinem Tod sprach er noch einmal; dies ist am Anfang des folgenden Buchs (1. Könige) überliefert. Wenn man in Kapitel 22 eine psalmähnliche Qualität wahrnimmt, so liegt das daran, dass es mit Abwandlungen als Psalm 18 wiederholt wird. Diese Wiederholung wirft die Frage auf, wann und von wem verschiedene Teile des Psalters geschrieben wurden. Das zweite Gedicht besitzt zwar die Form eines Psalms, ist jedoch mit Sicherheit archaisch und passt somit zu David als Autor.
Psalmen: Autoren und Verwendung
Das Buch der Psalmen ist lang; unter seinen insgesamt 150 Gesängen befinden sich Hymnen, Klagelieder, Königslieder, Danklieder, Gotteslob, Weisheitspsalmen und andere Genres. Obgleich das Werk oft David zugeschrieben wird (dem „Liebling der Lieder Israels“, 2. Samuel 23, 1), stammen nicht alle Psalmen von ihm. Die davidischen Psalmen lassen sich in mehrere Sammlungen unterteilen: Psalm 3–41 (vielleicht mit Ausnahme von Psalm 33), 51–70 (vielleicht mit Ausnahme von 66 und 67) sowie 138–45. Hinzu kommen eine kleinere Sammlung (108–110) und mehrere einzelne Psalmen; insgesamt sind es mindestens 73.
Weitere Sammlungen beinhalten die meisten Psalmen des Musikers und Leviten Asaf, die dieser während der Regierungszeit Davids schrieb (73–83), sowie Psalmen, die den „Söhnen Korachs“ zugeschrieben werden – auch sie waren Leviten und Tempelmusiker (42–49, 84–88 außer 86).
Die Aufgangslieder (120–134) sind nach Inhalt und Funktion gruppiert und wurden wahrscheinlich an Festtagen gesungen. Das Ägyptische Hallel (Psalm 113–118) bezog sich auf die Passahzeit, das Tägliche Hallel (Psalm 146–50) diente dem allgemeinen Gotteslob.
Das Buch der Psalmen wurde von einem oder mehreren Herausgebern in der Form gegliedert, wie wir sie heute kennen: Buch 1: Psalm 1–41, Buch 2: 42–72, Buch 3: 73–89, Buch 4: 90–106, Buch 5: 107–150. Bei vielen Psalmen werden im Titel Namen genannt. Am häufigsten kommt David vor; auch Salomo (2), Mose (1), Asaf (12), Etan (1) und die Söhne Korachs (11, einer von ihnen wird spezifisch Heman zugeschrieben) werden genannt. Rund 50 sind anonym.
Unter den Büchern des Neuen Testaments ist der Psalter eines der am häufigsten zitierten. Jesus und der Apostel Petrus bezogen sich spezifisch auf einen Psalm Davids. Jesus zitierte Psalm 110, 1: „David selbst hat durch den Heiligen Geist gesagt: ‚Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde unter deine Füße lege.‘“ (Markus 12, 36). Und als Petrus am Pfingsttag zu der Menge sprach, erinnerte er an genau diese Worte Davids (Apostelgeschichte 2, 34–35).
Als Nächstes folgt eine weitere Liste, die Davids Krieger und einige ihrer Kriegstaten aufzählt (23, 8–39).
Das letzte Element des Musters skizziert die Rolle des Königs in einer weiteren nationalen Krise, die sich um eine problematische Volkszählung in Israel und Juda drehte (Kapitel 24). Auch der Bericht über diese Zählung wirft bestimmte Fragen auf. Das 2. Buch Samuel überliefert, Gott habe Israel gezürnt und deshalb David dazu gereizt, die Zählung anzuordnen. Warum dies so war, bleibt unklar, doch der Text lässt vermuten, dass David die Zählung als ein Mittel betrachtete, seine eigene Stärke festzustellen – abzuklären, wie viele „streitbare Männer, die das Schwert trugen“, ihm zur Verfügung standen (Vers 9). Jedenfalls entwickelte sich eine Krise, die David lösen musste; doch das war nur möglich, indem er seinen Fehler eingestand. Er wusste, dass er das Volk nicht hätte zählen dürfen, um sich im Krieg auf sich selbst zu stützen anstatt auf Gott, und er war sich seiner Schuld bewusst.
„Die Reinheit von Davids Glauben bekam eine Qualität der Eleganz, die in modernen Zeiten oft unbemerkt geblieben ist.“
Nun gab Gott ihm die Wahl zwischen drei Arten der Bestrafung für sein Handeln, von denen keine ohne schwerwiegende Folgen für das Volk war: sieben Jahre Hungersnot, drei Monate Flucht vor seinen Widersachern oder drei Tage landesweite Pest. David wählte die Pest, weil diese am kürzesten dauern sollte und weil er glaubte, es sei besser, in Gottes Hände zu fallen, als unter Menschen zu leiden. Als in ganz Israel 70 000 Männer gestorben waren und die Seuche in Jerusalem auszubrechen drohte, hob Gott den Fluch auf und verschonte die Stadt.
Das 2. Buch Samuel schließt auf ungewöhnliche Weise. An der Stelle, wo die Bestrafung angehalten worden war, kaufte David eine felsige Tenne von dem Jebusiter Arauna. Dieses Stück Land sollte ein Teil des Geländes werden, auf dem Salomo seinen Tempel erbaute. So liefert Davids letzte Handlung in diesem Buch die Überleitung zum nächsten, dem 1. Buch Könige.
Davids letzte Tage
Als Davids Tod nahte, brachte man ihm eine Jungfrau namens Abischag als Pflegerin. Sie umsorgte ihn auf seinem Sterbebett, doch er hatte keine sexuelle Beziehung mit ihr, wie ausdrücklich berichtet wird (1. Könige 1, 1–4).
Währenddessen rief sich Davids Sohn Adonija selbst zum König aus. Zu der Zeremonie lud er viele führende Männer Israels ein, nicht aber seinen Bruder Salomo, Batseba, Zadok, den Propheten Nathan und den Krieger Benaja. Nathan riet Batseba, zu David zu gehen, um sich zu vergewissern, dass er Adonija nicht dazu ermächtigt hatte. Batseba und Nathan berichteten dem König, was geschehen war, und wurden darin bestätigt, dass David unverändert Salomo als seinen Nachfolger haben wollte. Auf seinen Befehl hin salbten Nathan und Zadok nun Salomo zum König über Israel und Juda, worüber das Volk laut jubelte (Verse 5–40). Dadurch wurde das Festmahl von Adonijas Krönungsfeier gestört; als der selbst ernannte König erfuhr, was geschehen war, begann er, um sein Leben zu fürchten. Um Gnade flehend, wurde er vor Salomo gebracht; dieser entschied, Adonija Zeit zu geben, in der er sich als loyal erweisen konnte.
Als Davids Zeit zu sterben kam, ließ er Salomo holen und gab ihm Anweisungen, wie er mit bestimmten Männern verfahren solle. Über seinen Neffen und Feldherrn Joab, der Abner und Amasa (die Heerführer Israels) getötet hatte, sagte der König, er habe „im Krieg vergossenes Blut im Frieden gerächt. […] Tu nach deiner Weisheit, dass du seine grauen Haare nicht in Frieden hinunter zu den Toten bringst“ (2, 5–6). Ähnliches sagte der König über Schimi, der David erst verflucht und dann Reue gezeigt hatte: Er sollte seine Treulosigkeit nun mit seinem Leben bezahlen (Verse 8–9). Die Söhne Barsillais, die David während Absaloms Rebellion beigestanden hatten, sollte Salomo dagegen mit Freundschaft belohnen (Vers 7).
„Dieses außergewöhnliche Portrait eines menschlichen Lebens, das sich mit dem Fortschreiten der Zeit erfüllt, begonnen mit dem agilen, kühnen und charismatischen jungen David, zeigt ihn nun in der extremen Gebrechlichkeit des Alters, unter seinen Decken vor Kälte zitternd.“
Davids Tod wird in einem kurzen, schlichten Nachruf überliefert: „Also legte sich David zu seinen Vätern und wurde begraben in der Stadt Davids. Die Zeit aber, die David König gewesen ist über Israel, ist vierzig Jahre: Sieben Jahre war er König zu Hebron und dreiunddreißig Jahre zu Jerusalem“ (Verse 10–11).
In den Tagen nach dem Tod des Königs dachte Adonija, er könne Salomo ausstechen, indem er Abischag zur Frau nahm. Ohne seine Gründe offenzulegen, überredete er Batseba, ihren Sohn um seine Zustimmung zu bitten. Doch Salomo begriff, dass sich Adonija noch immer nicht mit dem Verlust des Throns abgefunden hatte, und ließ ihn durch Benaja hinrichten. Außerdem entzog Salomo Abjatar das Priesteramt und befahl, Joab hinzurichten. Beide Männer hatten Adonija als Thronfolger unterstützt. Joab floh in die Stiftshütte, flehte um Gnade und weigerte sich, das Heiligtum zu verlassen. Da wurde er auf Salomos Befehl niedergeschlagen, wie David auf dem Sterbebett angeordnet hatte. Nun übernahm Zadok Abjatars Amt und Benaja wurde Heerführer (Verse 13–35).
Mit Schimi wurde anders verfahren. Ihm wurde verboten, sich aus Jerusalem zu entfernen; sobald er fortginge, würde er getötet werden. Unglücklicherweise verließ er drei Jahre später die Stadt, um zwei entlaufene Sklaven zu verfolgen, und wurde daraufhin hingerichtet: „Und der König sprach zu Schimi: Du weißt all das Böse, dessen dein Herz sich bewusst ist und das du meinem Vater David angetan hast. Nun lässt der HERR dies Böse auf dein Haupt kommen“ (Vers 44).
Salomos Bitte
Schon zu Beginn seiner Herrschaft bemühte sich Salomo um politische Allianzen durch Heirat. Er nahm die Tochter des Pharaos von Ägypten zur Frau; mit ihr lebte er in der Stadt Davids, bis sein eigenes Haus fertig gebaut war.
Vor dem Abschluss des Tempelbaus ging er nach Gibeon, um Gott dort zu opfern, und in der Nacht hatte er eine Vision: Gott bot ihm an, ihm einen besonderen Wunsch zu erfüllen. Er antwortete: „So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, damit er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist. Denn wer vermag dies dein mächtiges Volk zu richten?“ (3, 9). Weil sein Wunsch nicht egoistisch war, sondern dem Wohl seiner Untertanen galt, schenkte Gott ihm „ein weises und verständiges Herz, sodass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und nach dir nicht aufkommen wird“ (Vers 12).
Diese Weisheit wurde alsbald auf die Probe gestellt, als zwei weibliche Prostituierte zu ihm kamen, die um einen neugeborenen Jungen stritten. Beide hatten wenige Tage nacheinander entbunden, aber das Kind der zweiten Mutter war gestorben, weil sie es im Schlaf erdrückt hatte. Sie stahl das Kind, das lebte, und legte ihren toten Sohn an dessen Stelle. Doch die erste Mutter erkannte, dass dies nicht ihr Sohn war, und brachte den Streit um das Kind vor den König. Salomo befahl, den Säugling bei lebendigem Leib mit dem Schwert zu zerteilen und jeder Frau eine Hälfte zu geben. Da protestierte die wahre Mutter und bat darum, ihn nicht zu töten, sondern der anderen Frau zu geben, während die Mutter des toten Kindes der Teilung zustimmte. Nun wusste Salomo, woran er war, und sprach das Kind der wahren Mutter zu. „Und ganz Israel hörte von dem Urteil, das der König gefällt hatte, und sie fürchteten den König; denn sie sahen, dass die Weisheit Gottes in ihm war, Gericht zu halten“ (Verse 16–28).
Ein friedliebender, weiser Herrscher
In 1. Könige folgt nun eine Beschreibung der Verwaltung Salomos. Der König regierte mithilfe eines Systems von Priestern, Amtleuten und Schreibern über seinen Haushalt, das Heer und die Arbeiter (4, 1–6). Zusätzlich setzte er über Israel verteilt zwölf regionale Landeshauptleute ein, die turnusmäßig jeweils einen Monat lang den königlichen Haushalt mit Nahrungsmitteln zu versorgen hatten. Sein Königreich erstreckte sich „vom Euphratstrom bis zum Philisterland und bis an die Grenze Ägyptens“ (5, 1) und während seiner 40-jährigen Herrschaft genossen Israel und Juda Frieden und großen Wohlstand.
Internationale Handelsbeziehungen und Zölle brachten Wohlstand in Salomos Königreich, „und das Gewicht des Goldes, das für Salomo in einem Jahr einkam, war sechshundertsechsundsechzig Zentner, außer dem, was von den Händlern und vom Gewinn der Kaufleute und von allen Königen Arabiens und von den Statthaltern kam“ (10, 14–15). Salomo handelte mit Pferden und Wagen und baute befestigte Städte mit geräumigen Stallungen (5, 6; 9, 17–19; 10, 26, 28–29). Als Heimathafen seiner Schiffe diente Ezjon-Geber am Roten Meer (9, 26). Von dort aus unternahm seine Handelsflotte, bemannt mit erfahrenen Seeleuten aus Sidon, weite Reisen und brachte alle drei Jahre „Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen“ zurück (10, 22).
Der König wurde im ganzen Nahen und Mittleren Osten berühmt für seine Weisheit, und viele Herrscher wurden auf ihn aufmerksam: „Und aus allen Völkern kam man, zu hören die Weisheit Salomos, und von allen Königen auf Erden, die von seiner Weisheit gehört hatten“ (5, 14). Unter diesen Besuchern war auch die Königin von Saba. Sie hatte von Salomos Ruhm und seiner Verbindung mit seinem Gott Jahwe gehört; so „kam sie, um Salomo mit Rätselfragen zu prüfen“ (10, 1). Es dauerte nicht lange, sie zu überzeugen, dass sein Ruhm verdient war: „Als aber die Königin von Saba alle Weisheit Salomos sah und das Haus, das er gebaut hatte, und die Speisen für seinen Tisch und die Rangordnung seiner Großen und das Aufwarten seiner Diener und ihre Kleider und seine Mundschenken und seine Brandopfer, die er in dem Hause des HERRN opferte, geriet sie vor Staunen außer sich“ (Verse 4–5). Darum erwies sie Gott Ehre: „Gelobt sei der HERR, dein Gott, der an dir Wohlgefallen hat, sodass er dich auf den Thron Israels gesetzt hat! Weil der HERR Israel lieb hat ewiglich, hat er dich zum König gesetzt, dass du Recht und Gerechtigkeit übst“ (10, 9).
Die biblischen Bücher Sprüche, Prediger und Hohelied, als deren Autor Salomo gilt, zeugen von seinem Interesse an der Sammlung und Vermittlung weiser Sprichworte, an Liedern und allgemeinem Wissen, „und er dichtete dreitausend Sprüche und tausendundfünf Lieder“ (1. Könige 5, 12).
Der Bau des Tempels
Was David verwehrt worden war – einen Tempel für Gott zu bauen –, konnte Salomo nun verwirklichen. Mit dem enormen Reichtum, über den er verfügte, machte er sich im vierten Jahr seiner Herrschaft, 480 Jahre nach dem Auszug aus Ägypten (6, 1), mithilfe Hirams, des Königs von Tyrus, ans Werk. Seine aus Sidon stammenden Arbeiter waren sehr geschickt darin, Zedern- und Zypressenholz zu hauen und zu formen (5, 15–24). Salomo selbst verfügte über 30 000 Fronarbeiter, Israeliten und nicht israelitische Untertanen, die mithelfen mussten. Jeden dritten Monat schickte er jeweils 10 000 von ihnen für einen Monat auf den Libanon, um Bauholz und Steine zu hauen. Zusätzlich hatte er 70 000 Lastträger und 80 000 Mann, die Steine für das Fundament des Tempels behauen mussten (Verse 27–32). Das Tempelinnere wurde mit Zedernholz getäfelt und zum großen Teil auch mit Gold überzogen. Bronzepfeiler, Türen aus Olivenholz, reiche Holzschnitzereien und Gussstücke aus Bronze und Gold trugen zu dem prachtvollen Gesamtwerk bei (6, 14–35; 7, 15). Nach sieben Jahren war der Bau vollendet.
Salomos Bautätigkeit war umfangreich und blieb nicht auf den Tempel beschränkt. Sie umfasste zusätzlich ein Haus für ihn selbst, ein weiteres für seine ägyptische Frau, einen Raum mit einem Thron aus Elfenbein und Gold, auf dem er zu Gericht saß, und ein Schatzhaus, das sogenannte Libanon-Waldhaus (7, 1–8; 10, 18).
Die Zeremonie der Tempelweihe nahm Salomo zum Anlass, Gott für all seine Segnungen zu danken und ihn zu bitten, Israel weiterhin gewogen zu bleiben. In dieser Rede legte er eine Demut an den Tag, die Gott gefiel, aber nicht von Dauer sein sollte.
Salomos Niedergang
Obgleich er mit Weisheit, Reichtum und Frieden gesegnet war, erlag Salomo seiner Schwäche für Frauen aus anderen Völkern; er heiratete sie und folgte ihren Göttern. „Und er hatte siebenhundert Hauptfrauen und dreihundert Nebenfrauen; und seine Frauen verleiteten sein Herz. Und als er nun alt war, neigten seine Frauen sein Herz fremden Göttern zu, sodass sein Herz nicht ungeteilt bei dem HERRN, seinem Gott, war wie das Herz seines Vaters David“ (11, 3–4).
Die Verheißung, dass durch Salomos Nachfahren eine davidische Dynastie weiterhin über ganz Israel herrschen werde (2. Samuel 7, 12–16; 1. Könige 6, 11–13; 1. Chronik 22, 10), sollte bald aufgehoben werden. Nach seinem Tod sollte das Königreich in die nördlichen Stämme und Juda aufgeteilt werden. Salomos Sohn sollte nur König von Juda sein, während über die zehn Stämme Israels im Norden sein Diener Jerobeam herrschen sollte (1. Könige 11, 9–13).
Trotz all seiner Leistungen wird auch Salomos Tod mit wenig Aufhebens überliefert: „Die Zeit aber, die Salomo König war zu Jerusalem über ganz Israel, ist vierzig Jahre. Und Salomo legte sich zu seinen Vätern und wurde begraben in der Stadt Davids, seines Vaters. Und sein Sohn Rehabeam wurde König an seiner statt“ (Verse 42–43).
Die nächste Folge von Das Gesetz, die Propheten und die Schriften, Teil 20, beginnt mit der Teilung des Königreichs, über das Saul, David und Salomo geherrscht hatten.